Parkflächen in Bamberg

Franz Gerbig (BA)
Franz Gerbig (BA) Greenpeace Ortsgruppe • 3 März 2021
in der Gruppe Greenpeace Bamberg
Wege ohne Auto durch Bamberg

Flächen- und Kosteneffizienz im Verkehr

 
Der Alltagsstress macht sie bei Menschen in der Stadt als Orte der Naherholung beliebt: Parkflächen (i. S. v. Grünflächen). Der aktuelle Mangel an Gelegenheiten zum Verweilen in und vor Gastronomien sowie Kultur- und Freizeiteinrichtungen dürfte die Beliebtheit von Grünflächen weiter fördern. Erst recht in der warmen Jahreshälfte. Für Familien sind u. a. natürlich auch Spielplätze ein attraktives Angebot im öffentlichen Raum. Bamberg verfügt über „ca. 232 ha Grünflächen, 30 Rasenspielfelder, 22 Bolzplätze, 97 Spielplätze und 4 Spielpunkte“ (vgl. Grünflächenmanagement Bamberg). Selbstverständlich brauchen all jene Anlagen auch Platz – und der ist vor allem in einer Stadt begrenzt und in Bamberg wohl besonders. Weniger selbstverständlich ist daher, dass ein großer Teil des städtischen und eigentlich der Allgemeinheit zustehenden Raums durch Privatfahrzeuge belegt wird – nämlich auf: „Parkflächen“ (i. S. v. Parkplätzen).

Wohin, wenn alles zu(geparkt) ist?

Vor etwa einem Jahr (Januar 2020) waren über 32.600 private Autos (Personenkraftwagen/Pkw) in Bamberg zugelassen.[1] Der Stellflächenbedarf für diese Autos beläuft sich damit bei einer eher konservativen Annahme von 12,5m² je Stellplatz (inkl. Puffer und Rangierabständen, auch zu anderen Verkehrsmitteln)[2] auf rund 408.000m². Das entspricht fast der gesamten Fläche (91%) des größten und allseits beliebten Stadtparks, dem Hain (Luisen- und Theresienhain zusammen: 450.000m²). Der am Main-Donau-Kanal gelegene Luitpoldhain (vom Münchener Ring bis zum Alten Hallenbad: 57.000m²) mit mehreren Spielplätzen und dem gemütlichen Kiosk würde sieben Mal auf diese Fläche passen. Auch könnten insgesamt 57 Fußballplätze (je 7.140m²) errichtet oder 163km Radwege (2,5m im Querschnitt) geschaffen werden (vgl. Infographik in Abbildung 1).[3] Steven Skott vom Bamberger Greenpeace-Team fasst zusammen: „Bei einer objektiven Betrachtung der innerstädtischen Zustände wird immer deutlicher, dass sich motorisierter Individualverkehr dem Allgemeinwohl und einer Steigerung der kollektiven Lebensqualität in den Weg stellt.“

Parkflächen
Abbildung 1: Flächenfraß der Privat-Pkw in Bamberg. Quellen: Kraftfahrt-Bundesamt 2020, Greenpeace Deutschland und Bamberg; Eigene Berechnungen
 
 

Städte kranken am Auto-Kollaps

Mit einer Pkw-Dichte von insgesamt 528 Autos je 1.000 Personen „übertrifft“ Bamberg Städte wie Nürnberg, Erlangen, Fürth und München oder auch Berlin! Aber ist das ein Aushängeschild für eine Welterbestadt? Die Belastungsgrenze dürfte bald erreicht sein. Womöglich ist sie längst überschritten? Denn Pkw verursachen viel höhere Kosten (inklusive der allgemeinhin als „extern“ betrachteten Kosten für Mensch, Natur & Klima) als vom Umweltverbund aus Fuß- und Radverkehr sowie öffentlichem Personennahverkehr (ÖPNV) ausgehen. Eine exemplarische Analyse des Instituts für Verkehrswesen an der Universität Kassel für die Städte Bremen, Kassel und Kiel zeigt, dass natürlich für Pkw-Verkehr und ÖPNV Investitionen nötig sind. Aus dem motorisierten Individualverkehr in Pkw gehen aber keine unmittelbaren Einnahmen hervor, stattdessen die bis zu dreifachen Kosten, auch aufgrund von deutlich höheren Subventionen, so die Kasseler Autoren. Davon erhalte der Radverkehr wiederum die geringsten, verursache jedoch – wie auch zu Fuß Gehende – kaum Kosten. Etwa gingen von ihm weniger Unfallrisiken, Luft- und Lärmverschmutzung sowie weniger Bedarf für kostenintensive Infrastruktur und Instandhaltung aus. Durch das höhere Aktivitätsniveau beim Fahrradfahren und Zufußgehen würden zudem die Gesundheit gefördert und weitere Kosten (für Krankheitsbehandlungen) vermieden. Unterm Strich sei der sogenannte Kostendeckungsgrad im Sektor der Personenbeförderung für den Umweltverbund höher als für Pkw.[4] Laut einer Erhebung des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen e. V. (VDV) werden die Kosten für das Angebot des ÖPNV in Deutschland zum Großteil durch Eigenmittel gedeckt. Daraus resultiert ein stabiler Kostendeckungsgrad von zuletzt stets über 75 Prozent (vgl. Abbildung 2).

 

Kostendeckung
Abbildung 2: Kostendeckungsgrad im ÖPNV über die Zeit. Hinweis: VDV-Unternehmen, ohne Schienenpersonennahverkehr der DB-Gruppe. Quelle: Verband Deutscher Verkehrsunternehmen e. V. (VDV), eigene Darstellung
 
 

Welche Kosten verursacht dagegen der Pkw-Verkehr (abgesehen von direkten Kosten wie z. B. für Infrastruktur)? Wer sich die Mühe macht, sogenannte „externe“ Kosten zu berücksichtigen, kommt zu einem drastischen Schluss. Jeder Kilometer, den eine Person im Auto zurücklegt, schlägt mit den durchschnittlich fast vierfachen Kosten (rund 11 Cent) wie dieselbe Distanz im Bus (oder in der Bahn – je etwa 3 Cent; Mobilitätsatlas 2019, S. 30) zu Buche. Wie auch aus der kürzlich veröffentlichten bayerischen Verkehrsunfallstatistik abermals hervorgeht, sind Unfälle einer der größten Faktoren dieser Kosten (vgl. links in Abbildung 3).

 

Kilometerrechnung
Abbildung 3: Die wahren Kosten der Verkehrsmittel. Quelle: Mobilitätsatlas 2019 (S. 30; © Mobilitätsatlas 2019/INFRAS)
 
 

Und wie war das mit dem Flächenbedarf? Kurz gesagt: Autofahrenden bzw. -parkenden wird – insbesondere in Relation zu anderen Verkehrsteilnehmenden – zu viel Raum zugestanden. Dennoch dürfte es in Städten kaum jemand als einfach bezeichnen, einen Parkplatz zu finden. „In Spitzenzeiten macht die Suche danach ein Drittel des Verkehrsvolumen[s] aus“ (Frey, 2020). Kein Wunder – schließlich handelt es sich bei Autos weniger um Fahr- als vielmehr um „Stehzeuge“: Statistisch gesehen steht ein Auto 23 Stunden am Tag still (vgl. Umweltbundesamt, 2019). Dabei braucht es aber verhältnismäßig viel (und immer mehr [vgl. Christ, 2020]) Platz, der weniger kostenintensiv und nützlicher verwendet werden könnte. Und wenn ein Pkw dann doch mal fährt ist er wieder höchst ineffizient. Da er durchschnittlich weniger als zwei Personen befördert, bleibt viel Kapazität ungenutzt. Unschlagbar flächeneffizient ist dagegen der ÖPNV: Selbst wenn 80 Prozent des ÖPNV-Fahrzeugs leer bleiben, fährt und steht es damit immer noch um den Faktor 5 bis 9 sparsamer als ein Pkw (wobei für diese Analyse 13,5m² Flächenbedarf im Stand eines Pkw angenommen wurden; vgl. Randelhoff, 2014).

Greenpeace Bamberg fordert…

Der öffentliche Raum muss wieder stärker für die Öffentlichkeit nutzbar gemacht und zu diesem Zweck klar und transparent nach Flächen- und Kosteneffizienz aufgeteilt werden. Franz Gerbig, Gruppenkoordinator bei Greenpeace Bamberg, äußert sich hierzu pragmatisch: „In einer Stadt mit begrenztem Platzangebot, gerade auch wie in Bamberg, müssen wir uns entscheiden, was uns lieber ist. Dieses Gut muss dann Priorität haben, der Rest hinten anstehen. Nur so können wir, unsere Kinder und auch ältere Mitmenschen sich hier wohl und zuhause fühlen!“

Wir erwarten von der Stadt Bamberg, alle verfügbaren finanziellen Förder- und technischen Hilfsmittel in der Definition öffentlicher Flächen sowie eine gerechte Verteilung der Kosten nach dem Prinzip der Verursachenden zu nutzen. Eines dieser Werkzeuge könnte das für die „Ökonomische Bewertung kommunaler Verkehrssysteme (CostTool)“ vom Fachgebiet Verkehrsplanung und Verkehrssysteme der Universität Kassel sein. Sie stellt es bereits seit 2018 für Kommunen kostenfrei zur Verfügung. Damit lässt sich z. B. die unterschiedlich große Belastung durch die verschiedenen Verkehrsmittel vergleichen und berechnen, wie hoch eine Pkw-Maut zur Deckung aller Kosten sein müsste. Die Ergebnisse der Analyse von Flächennutzung und Kostendeckungsgrad sollten dann auch auf verständliche Weise für die Öffentlichkeit transparent gemacht werden. Dann ist – gerade in Pandemiezeiten – klar, wofür die geringsten Haushaltsmittel zur Verfügung stehen (sollten).

Bamberg ist nicht Paris, das ist klar! Aber um den Menschen möglichst einfachen Zugang zu grundlegenden Angeboten der Daseinsvorsorge (wozu beispielsweise die eingangs erwähnten Parkflächen gehören) zu geben, muss für mehr Lebensqualität auch hier in Richtung einer „15-Minuten-Stadt“ (vgl. Frey, 2020) für sichere und kurze Wege im Umweltverbund (neu) gedacht und (um)gestaltet werden – anders als etwa im Titelbild. Bereichernde Elemente einer alternativen Außenraumgestaltung und Umnutzung von Parkflächen können dabei die Erweiterung gastronomischer Flächen, Hochbeete oder einfache Sitzgelegenheiten sein. Kombiniert mit Begrünung wird gleichzeitig ein Teil der Schadstoffe des (verbleibenden) motorisierten Verkehrs aus der Luft gefiltert.

Vorfahrt für den ÖPNV! Sowohl Liniennetz als auch Taktung der Bamberger Stadtbusse müssen erweitert werden, um insbesondere die Gebiete am Stadtrand besser ans Zentrum anzubinden. Wenn die Busse bereits lange vor Mitternacht teilweise nur noch alle 40 Minuten fahren, ist das kein attraktives Angebot für Menschen, die kein Auto haben (wollen oder können) – und noch weniger für jene, denen es schwerfällt, darauf zu verzichten. Auch das Busangebot in Zusammenarbeit mit dem Landkreis Bamberg muss unbedingt erweitert werden. Die Einrichtung eines Regionalen Omnibusbahnhofs („ROB“) in unmittelbarer Bahnhofsnähe ist dahingehend ein sehr begrüßenswerter Schritt!

Sharing First! Die Stadt muss außerdem mehr Stellplätze für gemeinsam (also effizient) genutzte Kraftfahrzeuge von CarSharing-Angeboten ermöglichen und dafür auch herkömmliche Stellplätze auflösen. Neubauten sollten grundsätzlich nur mit Tiefgarage oder Sharing-Konzept (auch für Lastenräder) genehmigt werden. Entsprechend sollte auch das Leihen von Lastenrädern gefördert werden.

Referenzen

Christ, Johannes. 2020, 15. Februar. Datenanalyse: Autos werden nicht erst seit dem SUV-Boom größer. Abgerufen am 23.02.2021 unter: https://www.rnd.de/wirtschaft/datenanalyse-autos-werden-nicht-erst-seit-dem-suv-boom-grosser-6GTM66RRNJEC7EYHR3FQS7Y24Y.html

Beller, Svenja. 2020, 21. Oktober. Die 15-Minuten-Stadt. Abgerufen am 23.02.2021 unter: https://www.greenpeace-magazin.de/aktuelles/die-15-minuten-stadt

Der Autoverkehr kostet die Kommunen das Dreifache des ÖPNV und der Radverkehr erhält die geringsten Zuschüsse. Ohne Datum. Abgerufen am 24.02.2021 unter: https://www.unikims.de/de/newsarchiv/der-autoverkehr-kostet-die-kommunen-das-dreifache-des-oepnv-und-der-radverkehr-erhaelt-die-geringsten-zuschuesse

Frey, Andreas. 2020, 27. September. So geht sich das nicht aus. Abgerufen am 23.02.2021 unter: https://www.faz.net/aktuell/wissen/physik-mehr/verkehrswende-wie-es-gelingt-die-blechlawine-zu-stoppen-und-staedte-fuer-menschen-zu-gestalten-16967470.html#mehr-sicherheit}

Garten- und Friedhofsamt [Bamberg]. Abgerufen am 23.02.2021 unter: http://www.gartenamt.bamberg.de/

Grünflächenmanagement [Bamberg]. Abgerufen am 23.02.2021 unter: https://www.stadt.bamberg.de/Schnellnavigation/Seiten%C3%BCbersicht/index.php?NavID=1829.153.1

Herrmann stellt bayerische Verkehrsunfallstatistik 2020 vor. 2021, 18. Februar. Abgerufen am 24.02.2021 unter: https://www.bayern.de/herrmann-stellt-bayerische-verkehrsunfallstatistik-2020-vor/

Kostendeckungsgrad. Ohne Datum. Abgerufen am 24.02.2021 unter: https://www.mobi-wissen.de/Finanzierung/Kostendeckungsgrad

Kraftfahrt-Bundesamt (Hrsg.), 2020. Bestand nach Zulassungsbezirken und Gemeinden. Datenlizenz by-2-0. Abgerufen am 23.02.2021 unter: https://www.kba.de/DE/Statistik/Fahrzeuge/Bestand/ZulassungsbezirkeGemeinden/zulassungsbezirke_node.html

Mobilitätsatlas 2019 (2. Auflage) https://www.boell.de/sites/default/files/2020-10/mobilitaetsatlas2019_II.pdf?dimension1=ds_mobilitaetsatlas

Ökonomische Bewertung kommunaler Verkehrssysteme (CostTool). http://www.uni-kassel.de/fb14bau/institute/ifv/verkehrsplanung-und-verkehrssysteme/forschung-und-dienstleistungen/it-gestuetzte-tools/costtool.html

Randelhoff, Martin. 2014 (zuletzt bearbeitet: 2015). Vergleich unterschiedlicher Flächeninanspruchnahmen nach Verkehrsarten (pro Person). Abgerufen am 23.02.2021 unter: https://www.zukunft-mobilitaet.net/78246/analyse/flaechenbedarf-pkw-fahrrad-bus-strassenbahn-stadtbahn-fussgaenger-metro-bremsverzoegerung-vergleich/

Umweltbundesamt. 2019, 25. März. Car-Sharing. Abgerufen am 24.02.2021 unter: https://www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr-laerm/nachhaltige-mobilitaet/car-sharing#umweltvorteile-von-car-sharing

 

[1] Hiervon ausgenommen sind Wohnmobile (in Bamberg 562 Fahrzeuge, vgl. Kraftfahrtbundesamt, 2020). Mit der Beschränkung auf private Pkw bleiben außerdem natürlich Krankenwagen, Notarzteinsatzfahrzeuge, gewerbliche Fahrzeuge wie z. B. die von Mietwagenfirmen und (großen) Standorten der Automobilherstellung oder „Autohäusern“ ebenso ausgeschlossen wie Kraftfahrzeuganhänger, Motorräder, Busse, Lkw und Zugmaschinen.

[2] Grundlage sind unterschiedliche Aufstellflächen bei „Längsparken“, „Schrägparken“ und „Senkrechtparken“ inklusive Überhang- und Sicherheitsstreifen.

[3] Eigene Berechnungen durch Greenpeace Deutschland und Bamberg, anhand bestehender Privat-Pkw-Zulassungen zum Stand 1. Januar 2020 (vgl. Kraftfahrtbundesamt, 2020). Parkflächenmaße (Hain, Luitpoldhain) beruhen auf Auskunft des Garten- und Friedhofsamts Bamberg. Die Fläche der Spielplätze wurde mit Angaben auf OpenStreetMap berechnet bzw. (wenn dort für einen Spielplatz keine Fläche hinterlegt ist) mit 981m² angenommen.

[4] Als Kostendeckungsgrad ist das Verhältnis zwischen Investitionen und Erträgen zu verstehen (vgl. Kostendeckungsgrad).

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