Seit 2014 bereits arbeitet die Internationale Meeresbodenbehörde am so
genannten Mining Code, dem Regelwerk, das den Abbau mineralischer
Ressourcen am Meeresboden der Tiefsee steuern soll. Damit ist der Mining
Code von zentraler Bedeutung für die Einführung des Tiefseebergbaus,
eines völlig neuen, maritimen Zweigs der Bergbauindustrie. Diese
Industrie hätte als zusätzliche Belastung der marinen Ökosysteme als
auch durch seinen Einfluss auf die globale Rohstoffpolitik weitreichende
Auswirkungen auf die internationale Meerespolitik.
Der Schutz der Ozeane kann durch diese risikobehaftete Technologie in
vielen Punkten konterkariert werden und ein weiterer Verlust an
Artenvielfalt und intakter Meeresumwelt ist voraussehbar. Dies wird
nicht nur die Hohe See, den eigentlichen Zuständigkeitsbereich der
Internationalen Meeresbodenbehörde betreffen, sondern darüber hinaus
auch die Küstenzonen und die dort lebenden Gemeinschaften im Pazifik
und in anderen Teilen der Weltmeere. Eine dieser Problematik angemessene
Diskussion und Abwägung der Konsequenzen wird jedoch von verschiedener
Seite erschwert.
Der pazifische Inselstaat Nauru arbeitet zusammen mit The Metals
Company, einem Unternehmen, das vollständig auf den Tiefseebergbau
setzt und Inselstaaten dazu nutzt, um über sie einen legalen Zugang zu
den Mineralienvorkommen in der Tiefsee zu erhalten. Ein Antrag von Nauru
bei der Internationalen Meeresbodenbehörde soll nun sicherstellen, dass
das im Besitz von The Metals Company befindliche Unternehmen Nauru Ocean
Resources Inc. wie geplant 2024 mit dem Abbau von Mineralien in der
Tiefe beginnen kann. Mit dem Antrag wird versucht der
Meeresbodenbehörde einen Zeitplan aufzuzwingen, der ausführliche
Beratungen verhindert und festlegt den Mining Code bereits 2023
fertigzustellen.
So bleibt eventuell nur noch ein knappes Jahr um auf internationaler
Ebene Regeln und Alternativen zu erörtern. Die vielzähligen Einwände
gegen den Tiefseebergbau sowie die Ansätze dessen Start aufzuschieben
oder diesen gänzlich zu verhindern drohen dabei vollständig in den
Hintergrund gedrängt zu werden. Unter anderem die Betrachtung der
Konsequenzen für die globale Rohstoffpolitik als auch der ökonomischen
und finanziellen Ausgestaltung des Tiefseebergbaus kommen eindeutig zu
kurz. Die Ressourcen auf und im Meeresboden der Hohen See sind laut dem
UN-Seerecht ein gemeinsames Erbe der Menschheit. Ob dieses Erbe
angesichts der aktuellen Dynamik gerecht verteilt wird, ob die von
Rohstoffexporten abhängigen Staaten im globalen Süden sinkende Erlöse
zu erwarten haben, ob Projekte zur Förderung einer Kreislaufwirtschaft
tendenziell zurückgestellt werden und wer letztlich wirtschaftlich von
der neuen Industrie profitieren wird, all das sind offene Fragen.
Ebenso wenig sind die umweltpolitischen Fragen geklärt. Die
Meeresforschung arbeitet mit Hochdruck, hat verschiedene ökologisch
ausgerichtete Forschungsprojekte auf den Weg gebracht und füllt die
Lücken im Grundlagenwissen über die Tiefsee. Doch noch bestehen auch
hier viele Leerstellen und es wird Zeit benötigt, um die Forschungen
fortzusetzen und auszuweiten. Nur ein hinreichendes und überprüftes
Wissen über die Tiefsee und deren Rolle für das Leben auf unserem
Planeten erlaubt die Umsetzung sinnvoller Maßnahmen zum Meeresschutz
und eine umfassende Bewertung des Verhältnisses zwischen den
ökologischen Kosten und dem wirtschaftlichen Nutzen des
Tiefseebergbaus.
2022 ist ein Jahr der Ozeane und Meere. Eine Vielzahl laufender
internationaler Prozesse ist dabei wesentliche Eckmarken der
zukünftigen Meerespolitik zu bestimmen und auch die Bundesregierung
richtet in diesem Zusammenhang ihre entsprechenden Strukturen und
maritimen Strategien neu aus. Momentan bestimmen allerdings der Krieg in
der Ukraine und immer noch die Corona-Krise die öffentlichen
Diskussionen. Die Auswirkungen, die der Tiefseebergbau auf die
Meerespolitik und den Zustand der Ozeane perspektivisch haben kann,
dürfen jedoch keinesfalls übersehen werden. Sie sind viel zu
gravierend, um vernachlässigt zu werden. Das Fachgespräch soll der
Reflexion der aktuellen Entwicklungen im Tiefseebergbau dienen und Raum
für einen offenen Austausch der unterschiedlichen Perspektiven geben.
Programm
13.45 Uhr
● Einlass
14.00 Uhr
Begrüßung und Einführung in offene Fragen zum Tiefseebergbau
● Kai Kaschinski, Projektkoordinator von Fair Oceans und engagiert in
der politischen Begleitung des Tiefseebergbaus
14.30 Uhr
Die Ansätze und Probleme bei der Ausgestaltung der Finanzstrukturen im
Tiefseebergbau
● Torsten Thiele, spezialisiert auf die internationale Governance und
die Finanzstrukturen in der Meerespolitik und des Tiefseebergbaus
15.15 Uhr
● Kaffeepause
15.30 Uhr
Die Meereswissenschaften und der Stand ihrer Forschung zum
Tiefseebergbau
● Dr. Matthias Haeckel, beteiligt an wissenschaftlichen Projekten zur
Erforschung der Tiefsee und den möglichen Auswirkungen des
Tiefseebergbaus
16.15 Uhr
Offener Austausch und Diskussion der anstehenden Entwicklungen im
Tiefseebergbau
● Plenum
17.00 Uhr
● Verabschiedung, Small Talk und Kaffee
In Kooperation mit dem Forum Umwelt und Entwicklung
Die Teilnahme ist kostenfrei.
Die Konferenzsprache ist Deutsch.
Um Anmeldung per E-Mail wird gebeten unter: [email protected]
Bitte teilen Sie uns mit, ob Sie vor Ort sein werden oder virtuell
teilnehmen möchten, damit wir Ihnen ggf. einen Zoom-Link zukommen
lassen können.
Greenpeace Bremen Tipp: "Tiefseebergbau - Die Zeit drängt"
Bernd Splettstößer Greenpeace Ortsgruppe
in der Gruppe Greenpeace Bremen
Event date
7 Oktober 2022 14:00 - 17:00
Veranstaltungsort
Übersee-Museum
• de, DE, Bremen, 28195, Bahnhofsplatz 13
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