Wie oft schon hat sich mein Rücken sich über die Unebenheiten auf Radwegen beschwert? Am gemeinsten sind die Schilder "Achtung Radwegschaeden". Und nu? Macht es Sinn aus lauter Frust auf die Landstraße auszuweichen? Lebensgefaehrlich! Sagt richtigerweise mein Partner.

Wieso können wir in Deutschland Autobahnen, aber keine vernünftigen Radwege bauen? Wolfgang Kromat erklaert uns diesmal, was für gesundheitliche Auswirkungen die Oberflaeche von Radwegen auf den Straßenverkehrsteilnehmer hat.

 

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Oberflächen von Radwegen

Am häufigsten findet man bei Radwegen eine gepflasterte Oberfläche vor. Auch dort, wo sich asphaltierte Oberflächen befinden, werden diese bei Reparaturen oft durch eine gepflasterte Oberfläche ersetzt. Schon direkt nach der Fertigstellung der Oberfläche, ist diese bauartbedingt mehr oder weniger uneben. Je kleiner das Format des verwendeten Pflasters, desto unebener ist die Fläche.

Jede Unebenheit bedeutet für Radfahrende nicht nur ein Mehr an Kraftaufwand um sich fortzugbewegen, auch die gesundheitlichen Belastungen steigen mit jeder Unebenheit auf den Radwegen. Kraft ist das, was die schwächeren Verkehrsteilnehmer am wenigsten zur Verfügung haben. Auch wenn in der täglichen Praxis die Unterschiede verschiedener Oberflächen von Radwegen für Radfahrende deutlich spürbar sind, gibt es hierzu nur sehr wenige aussagekräftige Untersuchungen. Daher zuerst einmal ein Blick in die aktuellen Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA) 2010.

Unter Punkt 11.1.2 Oberbau kann man folgendes nachlesen:

„Technische Vorschriften und Richtlinien

[…] Deckschichten

An Deckschichten für Radverkehrsanlagen werden folgende Anforderungen gestellt:

- Dauerhafte ebene Oberfläche mit möglichst geringen Rollwiderstand

- Hohe Griffigkeit, auch bei Nässe

- Allwettertauglichkeit (gute Entwässerungseigenschaften zur Vermeidung von Pfützenbildung und aufspritzenden Schmutz, Vermeidung von Staubbildung gute Räumbarkeit bei Schnee. […]“

Um die Auswirkungen einer schlechten Radwegoberfläche beurteilen zu können, hilft es sich bewusst zu machen, dass auf dem Fahrrad der menschliche Körper in der Regel alle Unebenheiten selbst abfedern und die Kraft zur Fortbewegung selbst aufbringen muss. Weniger Luft im Reifen, ein gefederter Sattel oder ähnliche Maßnahmen für mehr Komfort auf dem Fahrrad, erhöhen das Gewicht und reduzieren die Leichtgängigkeit. Um eine Geschwindigkeit von 20 Km/h zu erreichen, benötigen Radfahrende ca. 100 Watt Leistung. Im Vergleich dazu, leistet heute ein durchschnittlicher PKW 116.000 Watt. Trotz der deutlichen Überlegenheit des Kfz in Kraft und Komfort für Fahrende und Mitfahrende, finden diese in der Regel die besseren Oberflächen vor.

Das Umwelt Prognose Institut e.V. untersucht Oberflächen von Radwegen

Das Umwelt Prognose Institutes e.V. (UPI) Heidelberg, hat in seinem Bericht Nr. 41 (http://www.upiinstitut.de/upi41.htm) die verschiedenen Oberflächen auf Radwegen getestet. Zwischen besten Asphalt und einer gepflasterten Oberfläche liegen bis ein Drittel höherer Energieaufwand um ein Fahrrad fortzubewegen.

Neben dem Leistungsverlust durch gepflasterte Oberflächen, werden Radfahrende durch jede Unebenheit auf dem Radweg körperlich belastet. Auch hier sind bisher sehr wenige Untersuchungen zu finden, die das Thema in ausreichender Form behandeln.

Auf der Internetseite https://klara-agil.de/erschuetternde-radwege.html findet sich eine recht umfassende Untersuchung des Dipl.-Physiker Rainer Pivit, der Universität Oldenburg, aus der Arbeitsgruppe Fahrradforschung. Auf der Grundlage der ISO-Norm 2631 und der VDI-Norm 2057 (Verein Deutscher Ingenieure) wurde 1988 die Belastungen für Radfahrenden auf verschiedenen Radwegoberflächen untersucht.

Sowohl die Untersuchung von Rainer Pivit, als auch die VDI-Norm finden sich in der Veröffentlichung der Bundesanstalt für Straßenwesen (bast) „Anforderungen an die Erhaltung von Radwegen (Heft84)“ wieder.

Der K-Wert steigt z.B. bei einem Hollandrad von ca. 5 K bei bestem Asphalt auf bis zu fast 50 K bei neuer Oberfläche mit Betonpflastersteinen. Je nach Pflaster wurden Werte ermittelt, die nach den Normen des VDI, schon nach 25 bis 60 Minuten Fahrens und abhängig vom Fahrradtyp, gesundheitliche Beeinträchtigungen bei Dauernutzung hervorrufen können. Bei Geschwindigkeiten um 25 Km/h, mit einem ungefederten sportlichen Fahrrad, können K-Werte bis an die 100 auftreten. Dies bedeutet eine gesundheitliche Beeinträchtigung schon nach einer Minute Fahrtdauer auf bestimmten gepflasterten Oberflächen.

Dauerbelastung oder Spitzenbelastung durch Radwege

Sowohl die VDI– als auch die ISO-Norm bilden nur Belastungen ab einer Minute Dauer ab. Sie stellen also nicht die Belastungen dar, die durch einzelne größere Unebenheiten, wie Absenkungen an Einfahrten, Löcher, Absenkungen an Fahrbahnquerungen, etc. auftreten können. Diese summieren sich noch zu den allgemeinen Belastungen des Körpers, durch die Nutzung von Radverkehrsanlagen.

Jede Absenkung auf einem Radweg für Kfz-Zufahrten zu Grundstücken oder zum Queren von Fahrbahnen ist eine solche Unebenheit. Hinzu kommen noch die Reparaturstellen und Verwerfungen im Pflaster, die das Alter der Radwege oder auch das regelmäßige Überfahren durch Kfz verursacht.

Im Anhänger oder auf dem Fahrradsitz sitzend sind Kinder den Fahrbahnstößen besonders stark ausgesetzt. Denn sie sind kaum in der Lage, aktiv und vorrausschauend auf Unebenheiten zu reagieren. Während ein heutiger Neuwagen mit durchschnittlich 153 PS (Quelle Autobild 04.02.2019) allradgefedert lässig über meist glatten Asphalt gleitet, wird den schwächsten Verkehrsteilnehmer als absolut selbstverständlich die Oberfläche geboten, mit dem höchsten Widerstand und dem niedrigsten Komfort.

Aus der Zeitschrift Ökotest vom 23.06.2006

„Auf Kinder in einem Fahrradanhänger können Kräfte bis zum 10,6-fachen des eigenen Körpergewichts wirken. Das berichtet die Zeitung "Ärztliche Praxis" in Bezug auf eine Studie der Bergischen Universität in Wuppertal.“

Neben den allgemeinen Belastungen des Körpers durch defekte Radwege, stellen einige Schadstellen auch die Ursache für Stürze dar. Besonders Nutzer von sportlichen Rädern sind aufgrund der Geometrie der Räder besonders betroffen. Das Argument, welches häufig zu hören ist - Radfahrende können ja mal langsamer fahren - sollte nie ein Argument sein, die Pflege und Verkehrssicherheit von Radverkehrsanlagen zu vernachlässigen. Auch ein Schild „Radwegschäden" aufzustellen, ist meist nur der Versuch der Behörden, sich aus der Verantwortung zu ziehen.

Warum Verantwortliche die Verkehrssicherheit gerade auf Radwegen sehr ernst nehmen sollten, wird klar, wenn man sich die jüngsten Verkehrsteilnehmer und deren Fahrzeuge anschaut. Kann man von einem Erwachsenen unter Umständen vielleicht noch erwarten, dass dieser regelmäßig mehr auf die Fahrbahnqualität als auf den Verkehr achtet, kennen kleine Kinder diese Gefahren von Radwegschäden noch nicht. Sie überfahren diese Unebenheiten ohne diese aktiv „auszufedern“.

Zu dieser Unkenntnis kommen nun noch einige physikalische Grundsätze, die besonders bei Kindern zum Tragen kommen. Ein Fahrrad stabilisiert seine Fahrt, je schneller sich die Räder drehen. Diese stabilisierenden Kreiselkräfte, sind bei größeren Raddurchmessern deutlich höher als bei kleinen. Je kleiner das Rad, desto leichter lässt es sich durch einen Stoß aus seiner Spur bringen. Zusätzlich zu den geringeren stabilisierenden Kreiselkräften, trifft ein kleineres Rad mit einem deutlich flacheren Winkel auf ein Hindernis. Dadurch wird dieses zum einen stärker abgebremst als ein größeres Rad und trifft zum andern stärker auf das Hindernis auf. Kurz, die Wucht des Aufpralls auf ein Hindernis, steigt mit dem verringerten Radumfang. Demgegenüber steht die deutlich geringere Masse eines Kindes gegenüber Erwachsenen, die die Wucht des Aufpralls ausgleichen kann, sowie die geringere körperliche Kraft um ein Fahrrad, welches ins Trudeln gerät, wieder zu stabilisieren. Instabile Fahrweise bis hin zu Stürzen, können die Folgen von schlechten Radwegoberflächen sein, besonders bei Kindern sein.

Oberflaechen 1

Als Konsequenz dieser Tatsachen lässt sich ableiten, dass Fahrradwege prinzipiell mit den bestmöglichen Oberflächen zu bauen sind. Der Einsatz von Sinussteine ermöglicht den Bau von durchgehend ebenen Radwegen und gestatten Kfz-Nutzern eine ausreichend sichere und komfortabel Zufahrt. Eine durchgängig einheitliche Färbung von Radwegen erhöht die Aufmerksamkeit der anderen Verkehrsteilnehmer und schafft eine möglichst klar gegliederte Verkehrsinfrastruktur.

Oberflaechen 2

Bilder Copyright W.Kromat

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