GAT gegen Billigfleisch - In neuem Gewand

Rebecca Z.
Rebecca Z. Greenpeace Ortsgruppe • 29 Oktober 2020
in der Gruppe Greenpeace Hildesheim

Es ist Samstag Morgen, 10:30 Uhr in der Innenstadt Hildesheim.

Vier Menschen in grünen Jacken basteln an Holzaufstellern. Dann bringen sie Plakate an, auf denen steht: „Zeig Billigfleisch die Rote Karte“.

Ganz schön provokantes Statement.

Was wollen diese Menschen dort? Fleisch zu günstigen Konditionen zu erwerben ist doch wohl ein Grundrecht.

Grundsätzlich: Ja. Jeder ist frei zu kaufen und zu essen, was einem beliebt.

Die Krux dahinter: Wir werden nicht umfassend informiert. Die Werbung gaukelt uns Bilder von glücklichen Schweinen und Kühen auf der Weide vor, die dort ein erfülltes Leben führen und nur das beste Futter bekommen. Dass dem nicht so ist, wissen wir alle schon lange. Aber es zu wissen reicht noch lange nicht aus, um wirklich etwas zu ändern. Und was muss sich überhaupt ändern? Ich als Konsument*in habe zum Beispiel die Möglichkeit, mich im Supermarkt zu informieren, was für eine Art von Fleisch ich kaufe. Dafür sorgen zum Beispiel diverse Bio-Siegel. Aber neben diesen Siegeln gibt es auch die Haltungskennzeichnung. Da steht dann z.B. Haltungskennzeichnung 1. Und was soll mir das nun sagen? Dafür muss ich mich zu Hause informieren oder wenn ich ein Smartphone mit Internetzugang dabei habe, kann ich das natürlich auch direkt vor Ort machen. Ich gebe in die Suchmaschine ein: Haltungsform 1. Die Seite www.haltungsform.de zeigt mir Details, wie viel Platz z.B. die Tiere in der jeweiligen Haltungsform zur Verfügung haben. Bei Haltungsform 1 sind das für Schweine 0,75m2 pro Tier, bei Haltungsform 2 sind es 0,825m2. Beide Formen sind der Stallhaltung zuzurechnen, das heißt die Tiere bleiben ihr ganzes Leben über im Innenraum. Das entspricht den Mindestvorgaben durch die EU-Tierschutzverordnung. Erst ab Haltungsform 3 wird gewährleistet, dass die Tiere jedenfalls zeitweise Ausgang haben.

Okay, das zeigt mir, dass die Haltungsformen 1 und 2 den Tieren nicht wirklich zugute kommen können. Ich erinnere mich an die letzte Dokumentation über Schweinemastbetriebe, die ich vor ein paar Wochen gesehen habe. Da waren schon alarmierende Bilder dabei. Vielleicht ist jetzt die Zeit gekommen, mich doch einmal mit der Qualität meines Fleisches auseinanderzusetzen.

Ich stehe immer noch vor mich hin philosophierend vor dem provokanten Plakat „Zeig Billigfleisch die Rote Karte“.

Ein Mensch in grüner Jacke kommt auf mich zu. Oh nein, schnell verstecken, die wollen mich doch nur zu texten oder mir das Geld aus der Tasche ziehen. Ich werde freundlich angesprochen, will mich schon abwenden, aber gebe mir dann selbst einen Ruck. Was habe ich zu verlieren. Wir kommen ins Gespräch und es stellt sich heraus, dass diese Menschen von Greenpeace sind. Sie wollen mir nichts verkaufen, sondern mich informieren. Und wenn ich das Vorhaben unterstütze, den Supermärkten Druck zu machen, damit sie Fleisch mit den Haltungskennzeichnungen 1 und 2 aus dem Sortiment herausnehmen, muss ich nur eine Unterschrift da lassen. Diese werden im Anschluss an die Aktion gesammelt einem Supermarkt vor Ort übergeben. In diesem Fall wurde ALDI von den Passant*innen auserkoren.

Die direkte Botschaft auf dem Plakat hat mich zuerst abgeschreckt. Aber wie soll man so einen doch recht komplexen Sachverhalt denn sonst ansprechend und knackig gestalten?

Greenpeace arbeitet komplett gewaltfrei und steht immer FÜR etwas.

Vielleicht sollte die Kampagne besser heißen: „Discounter unter Druck - Besseres Fleisch und mehr Tierwohl“?