11. Türchen: Adventskalender 2020 – Greenpeace Esslingen

Patrick Walch
Patrick Walch Greenpeace Ortsgruppe • 27 November 2020

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Adventskalender - Tag 11

 

DER ÖKOLOGISCHE FUSSABDRUCK

Wir leben, als hätten wir mehr als diese eine Erde zur Verfügung. Das wissenschaftliche Konzept des „Ökologischen Fußabdrucks“ zeigt, wie wir das endliche System Erde ausbeuten – auf Kosten zukünftiger Generationen.

Es zeigt auch, an welchen Stellschrauben wir drehen können, um zu einem zukunftsfähigen und nachhaltigen Lebensstil zurückzufinden.

 

Zur Berechnung deines persönlichen Fußabdrucks gibt es verschiedene Angebote:

http://www.footprintcalculator.org/

https://www.fussabdruck.de/fussabdrucktest/#/start/index/

https://www.wwf.ch/de/nachhaltig-leben/footprintrechner

 

Uns allen ist klar, dass unser Lebensstil eines der wesentlichen Probleme unserer Zeit ist. Wir kaufen zu viele Dinge, die wir nicht wirklich brauchen, die schnell kaputt gehen und die wir dann wegwerfen. Klar, das hat ja nicht viel gekostet! Aber es hat trotzdem Bodenschätze und Energie und Arbeitskraft  gekostet – in allen Phasen der Rohstoffgewinnung und Produktion, bei Transport und Vertrieb, nur um nach kurzer Zeit weggeworfen zu werden.

Gleichzeitig wachsen die Müllberge ins Unendliche, die Meere ersticken in Plastik,

der Verkehr nimmt zu, die Luft wird immer schlechter, wir werden immer kränker,

– und trotz all der schönen Dinge, die wir besitzen, nicht zufriedener.

Wir leben, als hätte die Menschheit sowieso keine Zukunft mehr!

 

Ich möchte hier das Konzept des „Ökologischen Fußabdrucks“ kurz vorstellen.

Seit Ende der 1990er-Jahre hat sich der Begriff des „Ökologischen Fußabdrucks“ etabliert, eine wissenschaftliche Methode zur Messung unseres Umweltverbrauchs. https://www.footprintnetwork.org/

Die Methode berechnet die Fläche, die die Natur brauchen würde, um die Rohstoffe zu erneuern und den Abfall aufzunehmen, die der Mensch für Ackerbau, Tierhaltung, Energiegewinnung, Mobilität, Holzgewinnung etc. verbraucht.  Als Maßeinheit wurde der „Globale Hektar“ (gha) eingeführt, z.T. wird der footprint auch in m3 CO2   gerechnet, aber das ist zu einseitig.

 

Unserem „Bedarf“ steht die „Biokapazität“ gegenüber, also die Fähigkeit der Natur, Rohstoffe auf- und Schadstoffe abzubauen. Wenn unser Fußabdruck die Biokapazität nicht überschreitet, dann leben wir potenziell nachhaltig. Überschreitet er jedoch die Biokapazität, dann leben wir auf Kosten anderer Regionen bzw. zukünftiger Generationen.

 

Die Biokapazität verschiedener Gebiete unterscheidet sich enorm: die Ackerböden in Mitteleuropa sind wesentlich ertragreicher als vergleichbare Flächen in der Tundra oder im Gebirge.

Genauso unterscheiden sich die Fußabdrücke verschiedener Länder, und natürlich unterscheiden sich auch die Fußabdrücke einzelner Personen.

Global betrachtet ergibt sich derzeit ein mittlerer Fußabdruck der Menschheit von 1,7 Erden, d.h., wir leben, als hätten wir 1,7 Erden zur Verfügung!

Unser gegenwärtiger Lebensstil in Deutschland erfordert 3,2 Erden, andere Länder wie z.B. USA, Australien oder Quatar liegen bei einem Wert von über 5 Erden, der Bedarf sehr vieler Länder liegt weit unter 1.

 

Anders ausgedrückt: Wenn die Biokapazität der Erde als das Kapital betrachtet wird, das uns zum Wirtschaften zur Verfügung steht, dann reicht unser Kapital längst nicht mehr bis zum Jahresende. Während bis vor 50 Jahren das Verhältnis von Biokapazität und Fußabdruck noch ausgeglichen war, hat sich der Tag, an dem wir in die Schulden rutschen, ständig nach vorne verschoben. 2019 war der „earth overshoot-day“ (Welterschöpfungstag) der 29. Juli.

Und umgerechnet auf Deutschland der 2.Mai!!!

https://www.umweltbundesamt.de/themen/earth-overshoot-day-2020-ressourcenbudget

 

 

Die einzig wirkliche Lösung aus dieser Sackgasse liegt in einem nachhaltigen Lebensstil!

Dazu müssen wir uns genauer anschauen, wie unser Fußabdruck zustande kommt.

Als grober Wert kann gelten:

1/3 Ernährung,

¼ Wohnen,

1/5 Verkehr,

1/6 allg. Konsum

(der sogenannte „virtuelle Fußabdruck“ ist hier schon mit einberechnet).

 

Der virtuelle oder graue oder versteckte Fußabdruck zeigt die nicht so offensichtlichen Anteile an unseren Verbräuchen. Ein Beispiel: unser Wasserverbrauch.

Wir neigen dazu, die Liter zu zählen, die durch unseren Wasserhahn fließen. Der tägliche pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland liegt bei etwa 120 Liter. Tatsächlich ist aber unser Verbrauch 10 – 20-fach höher, je nach Lebensstil!

1 Blatt Papier: 10 l                    1 Tomate: 13 l                           1 Tasse Kaffee: 140 l                

1 Glas Milch: 200 l                    1 kg Rindfleisch: 16 000 l         1 Hamburger: 2400 l

1 T-Shirt: 4000 l

Auch zur Herstellung der Transportmittel, die die Waren zu uns bringen, wird Wasser verbraucht, sowie für die Erstellung und Instandhaltung der erforderlichen Infrastruktur, die Wege der Mitarbeiter und Kunden, usw.

Dasselbe gilt für unseren Verbrauch von Lebensmitteln, Kleidung, Konsumgütern – kein Bereich unseres Lebens bleibt unberührt. Dafür holen wir uns Biokapazität aus der ganzen Welt: Soja aus Südamerika, Rohstoffe aus Afrika, Arbeitskraft aus Asien, …

 

Es ist klar, dass unser gegenwärtiger Lebensstil nicht nachhaltig und nur auf Kosten anderer Länder und zukünftiger Generationen überhaupt möglich ist. D.h., dass wir unser Leben neu denken müssen: weniger Konsum, dafür gute Qualität, die umweltverträglich und sozial verantwortlich hergestellt wurde.

 

Da verschiedene Lebensbereiche unterschiedlich starke Auswirkung auf unseren Fußabdruck haben ist es sinnvoll, dort anzusetzen, wo die Wirkung am größten ist. Dabei liegt die Ernährung mit einem Anteil von 1/3 am Gesamtfußabdruck ganz vorne – und den größten Anteil daran haben tierische Produkte. Weniger Fleisch, möglichst von lokalen Erzeugern und Bio, hat schon einen sehr deutlichen Effekt.

Auch frisches Gemüse, Obst, Getreide von einheimischen Bauern und nur dann, wenn sie auch hier wachsen und reifen, statt Erdbeeren aus Argentinien zu Weihnachten oder Flugmangos rund ums Jahr. Weniger Fertignahrung, die sowieso krankmachende Zusatzstoffe enthält und mit zu viel Verpackungsmüll verkauft wird.

 

Beim zweitgrößten Posten, dem Wohnen, ist es nicht so einfach, den Fußabdruck zu verkleinern: gute Dämmung spielt eine große Rolle, auch die Größe der Wohnung, und natürlich die Innentemperatur: Heizung und Klimaanlage sind wahre Energiefresser.

Ebenso Elektrogeräte im Standby-Betrieb. Hilfreich: Wechsel zu Öko-Strom-Anbietern.

 

Beim Bereich Verkehr haben wir allerdings viele Möglichkeiten: Kurzstrecken mit dem Fahrrad, längere Strecken mit Öffentlichen Verkehrsmitteln; so wenig wie möglich Auto fahren, Car-sharing nutzen und Fahrgemeinschaften bilden; so weit als möglich auf Flüge verzichten!

 

Der vierte Posten ist der Konsum, etwas unklar gefasst, aber dazu zählt z.B. unsere Kleidung, all die Dinge, die sich in unserer Wohnung befinden, von den Möbeln bis zu deren Inhalt.

 

Fazit:

 „Wir machen eine Arbeit, die wir hassen, um von dem Geld, das wir verdienen, Dinge zu kaufen, die wir nicht brauchen, um Menschen zu beeindrucken, die wir nicht mögen.“

 

Auch ein billiges T-Shirt braucht 4000 Liter Wasser, ist mit Chemikalien gefärbt, die die Flüsse vergiften und die Menschen an ihren Ufern, und verbraucht vom Anbau der Baumwolle bis zum Billig-Klamottenladen Arbeitskraft und Energie, belastet die Umwelt durch Verpackung und Transport  – und hält sowieso nur bis zur ersten Wäsche; dann liegt es verformt im Schrank, bis es im Müll landet. Dasselbe gilt für all die anderen Schnäppchen, die uns nur im Moment des Kaufs glücklich machen; schon kurz danach haben sie ihren Reiz verloren.

 

Das Gegenmodell zum Kaufrausch ist der verantwortungsbewusste Konsum: wir kaufen nur, was wir wirklich brauchen, und das in guter, haltbarer Qualität, oder auch gebraucht. Viele Produkte können wir mieten, tauschen oder mit anderen teilen. Anstatt kaputte Dinge wegzuwerfen können wir sie reparieren (lassen) oder upcyceln (was Neues draus machen) – oder zumindest wieder recyceln, d.h. dem Rohstoffkreislauf wieder zuführen.

 

Und bevor wir im Internet bestellen können wir uns bewusst machen, dass wegen unserer Päckchen täglich eine Riesenflotte von Lieferdiensten unterwegs ist, dass ein Drittel aller Waren, die wir (kostenlos) zurückschicken, geschreddert wird und nicht wieder in den Handel kommt, weil es so billiger ist (Waren, die jemand erfunden oder designt hat, die jemand - bei schlechter Bezahlung und oft unter miesen Arbeitsbedingungen - hergestellt, verpackt, transportiert hat, die Rohstoffe und Energie kosten und dann die Erde zumüllen).

 

ES LIEGT IN UNSERER HAND!