Mittwoch, 9. September 2020
Aktivist*innen der Initiative Lieferkettengesetz demonstrieren heute in Berlin, weil das Bundeskabinett die Besprechung der Eckpunkte für ein Lieferkettengesetz schon wieder verschoben hat. Als symbolträchtiger Eyecatcher wird  ein überdimensionaler „gesetzlicher“ Rahmen errichtet – und dazu die Petition mit mehr als 222.222 Unterschriften an das Bundeskanzleramt überreicht. Der Zusammenschluss aus insgesamt über 100 zivilgesellschaftlichen Organisationen fordert von der Bundesregierung, das Gesetz nicht länger zu verschieben, sondern endlich für einen wirksamen Schutz von Menschenrechten und Umwelt zu sorgen.

Für uns ist das klar: Unternehmen, die im Ausland produzieren, müssen auch dort für faire Arbeitsbedingungen sorgen. Aber damit nicht genug – es darf auch nicht sein, dass Firmen aus Profitgründen ihre dreckige Produktion ins Ausland verlagern! Was hier an Chemikalien als umwelt- und gesundheitsschädlich eingestuft ist, kann nicht in Bangladesch oder China mit Wissen der deutschen Firmen in die Flüsse gelangen.  Der Anspruch auf unversehrte Lebensbedingungen ist ein Menschenrecht, das Staaten wie Norwegen sogar in ihre Verfassung schreiben. Ein Lieferketten-Gesetz, das sich den Schutz der Menschen auf die Fahnen schreibt, kann gar nicht anders, als auch ihre Umwelt zu berücksichtigen.

Aber es gibt Gegenwind: Wirtschaftsverbände, die aus Profitgründen dieses Gesetz verhindern wollen. Und ein Wirtschaftsminister Peter Altmaier, der danach trachtet, es zumindest zu verzögern und zu verwässern. Anders als in früheren Eckpunkten des Arbeits- und des Entwicklungsministeriums vorgesehen, möchte Altmaier ein Lieferkettengesetz nur für Unternehmen ab 5.000 Mitarbeitenden einführen. Zudem soll der zivilrechtliche Durchsetzungsmechanismus bitteschön entfallen. Damit hätten Betroffene von Menschenrechtsverletzungen kaum eine Möglichkeit, vor deutschen Gerichten Entschädigungen einzufordern – denn ein Lieferkettengesetz ohne Haftung wäre ein zahnloser Tiger.
Zudem soll das Lieferkettengesetz nur auf Unternehmen mit Hauptsitz in Deutschland anwendbar sein, und – man mag es kaum glauben - darüber hinaus keinerlei umweltbezogene Sorgfaltspflichten umfassen.  
Damit würde ein Lieferkettengesetz nur einen Bruchteil der Unternehmen erfassen, die in Deutschland Geschäfte machen.

Dass es auch ganz anders geht, konnten wir anhand der Greenpeace-Detox-Arbeit zeigen: 80 Textil-Unternehmen haben die Verpflichtung unterschrieben, transparent und giftfrei entlang ihrer gesamten Wertschöpfungskette zu produzieren, egal wo auf der Welt. Das ist mutig, denn wer sich um Umweltschutz und Menschenrechte kümmert, hat auch höhere Kosten. Das darf nicht der Maßstab sein. Firmen, die umweltschonend produzieren lassen und Menschenrechte achten, dürfen nicht finanziell benachteiligt werde, ganz im Gegenteil! Massenhafte Billigproduktion auf Kosten von irreparablen Umweltschäden und oft sogar Menschenleben gehört verboten! 

Überall in Deutschland haben Menschen in den letzten Monaten Unterschriften gesammelt und die Forderung nach einem gesetzlichen Rahmen auf die Straße getragen. Es ist höchste Zeit, dass die Kanzlerin diesen Stimmen Gehör schenkt: Ein wirksames Lieferkettengesetz ist überfällig.

Das sehen übrigens auch viele unserer Mitmenschen so. Die im Auftrag von Germanwatch erstellte Umfrage ergab, dass 75 % der Bevölkerung ein Lieferkettengesetz unterstützen. Die Untersuchung findet ihr in den Dateianhängen.
 

Weitere Infos findet ihr hier:

https://www.greenpeace.de/themen/umwelt-gesellschaft/wirtschaft/umweltschutz-liefern
 

Ein Deutsches Lieferkettengesetz: Echte Chance für den Umweltschutz
Stellungnahme mit Schwerpunkt auf materiellen Sorgfaltspflichten und Umsetzung am Beispiel besonders gefährlicher Chemikaliengruppen (Textilindustrie)
https://www.greenpeace.de/stellungnahme-umweltschutz-lieferkettengesetz

 

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