Interview mit Luchelle Feukeng: "Warum gefährden Kautschukplantagen die Wälder in Kamerun?"


Ich freue mich, dass unsere Kollegin Luchelle Feukeng, die im Kommunikationsbereich von Greenpeace Südafrike arbeitet, spontan meine Intervieweinladung angenommen hat. Im Interview frage ich Sie:


? Warum ist die Kautschukproduktion für die Wälder in Kamerun eine Gefahr ?
? Setzt sich Greenpeace Südafrika derzeit für den Schutz der kamerunischen Wälder ein, und wenn ja, wie?
? Wie können die Menschen in Deutschland helfen, die Wälder in Kamerun zu schützen?

 

Das Interview ist auf englich. Unter dem Video findet ihr eine schriftliche Version des Gesprächs in deutscher Sprache.

 

 

Den Report, den Luchelle im Interview erwähnt, findet ihr hier oder als pdf-Datei im Anhang.

Deutsche Übersetzung des Interviews mit Luchelle Feukeng von GP Kamerun


Melanie: Hallo Luchelle, es ist so schön, dass du heute hier bist und vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst, ein kurzes Interview mit mir zu führen. Fang doch am besten mit einer kurzen Vorstellung von dir an.
Luchelle: Vielen Dank Melanie und "Guten Morgen" an alle, die zusehen. Das ist leider bis jetzt das einzige Wort, dass ich auf deutsch kann. Aber ich habe vor, ganz bald noch mehr auf deutsch zu lernen. Ich bin Luchelle Feukeng und arbeite im Kommunikationsteam im Greenpeacebüro in Afrika. Ich arbeite in Kamerun und hier hat der Großteil unserer Arbeit mit dem Schutz unserer Wälder zu tun, vor allem der Wälder im Kongobecken.


Melanie: Danke Luchelle. Kannst du uns erklären, wieso die Kautschukproduktion eine so große Bedrohung für den Wald in Kamerun darstellt?
Luchelle: Um ehrlich zu sein, ist eigentlich nicht Kautschuk an sich das Problem. Die Produktion von Kautschuk wird aber dann zum Problem, wenn dafür zuerst der Wald gerodet und kahlgeschlagen wird. Wenn Kautschukplantagen dort angelegt werden, wo der Wald zuvor gerodet wurde, dann profitiert natürlich einerseits die Wirtschaft davon, aber andererseits wird dafür der Wald zerstört. Der Wald ist der Ort, in dem Tiere und Gemeinschaften leben. 

Für euch ist es vermutlich schwer, sich das vorzustellen. Aber versucht es mal: Ihr lebt glücklich in Deutschland und seid auch sehr froh darüber. Aber dann komme ich und hole euch da weg und bringe euch beispielsweise nach Japan oder in die USA. Das sind keine schlechten Länder, aber trotzdem würdet ihr euch doch getrennt von eurer Heimat und fremd fühlen. Und das ist bei uns sehr oft das Problem. Viele Menschen leiden darunter, dass Unternehmen zu uns nach Afrika, so auch nach Kamerun kommen, um den Wald zu zerstören und dann dort Kautschuk produzieren. Das sollte wirklich aufhören. 

Denkt daran, dass viele Touristen von weit her kommen, zum Beispiel aus Deutschland, Frankreich und den USA, um den Regenwald zu erleben. Sie kommen extra, um wilde Tiere wie Elefanten oder Löwen zu sehen. Aber stellt euch vor was passiert, wenn sie extra dafür nach Kamerun gekommen sind und dann gar nichts mehr vom Regendwald und seinen Tieren sehen können. Denn wenn der Wald zerstört wird, verschwinden auch die Tiere. Darum wird die Kautschukproduktion auf Kosten des Waldes hier in Kamerun überhaupt nicht gutgeheißen.

 

Melanie: Vielen Dank für die Erklärung. Arbeitet Greenpeace Afrika an dieser Thematik und wenn ja, was macht ihr genau?
Luchelle: Hier in Kamerun arbeiten wir hauptsächlich an Kampagnen zum Schutz der Wälder im Kongobecken. Alle wissen, wie wichtig die Wälder des Kongobeckens sind. Trotzdem zerstören wir Hektar um Hektar, bald ist nicht mehr übrig. 
Das ist der Grund, weshalb sich Greenpeace Afrika dazu entschieden hat, den Fokus der Arbeit auf den Schutz der Wälder im Kongobecken und in der Demokratischen Republik Kongo zu legen. Im November 2019 haben wir als Greenpeace Afrika einen Report  zur Kautschukproduktion in Kamerun veröffentlicht. Es gibt ein Unternehmen namens Sudcam, welches bis jetzt schon 11.000 Hektar Wald zerstört hat, um dort Kautschuk zu pflanzen. 

Vor zwei oder drei Monaten war ich vor Ort, und wenn man sich mit den Menschen dort unterhält, wird einem die Problematik noch einmal deutlicher bewusst. Ich habe zum Beispiel einen Jäger vom Stamm der Baka kennengelernt, der Geld verdienen muss, um sein Kind zur Schule schicken zu können. Die Veränderungen sind sehr schwer für ihn. Durch die Zerstörung des Waldes fällt seine Arbeitsgrundlage weg, sie ist plötzlich nicht mehr da. Wenn die Tiere aus dem Regenwald verschwinden, verliert er seine Lebensgrundlage. Das ist der Grund, warum eine unserer Hauptkampagnen ist, die Regierung dafür anzuprangern, dass sie die Waldzerstörung nicht stoppt. Das muss aufhören. Es muss aufhören, dass Unternehmen die Möglichkeit bekommen, den Wald zu zerstören, nur um dort dann Kautschuk anzubauen. Ich glaube, dass es möglich ist, andere Optionen zu finden. Also Kautschuk anzubauen, ohne den Wald in diesem Maße zu zerstören. 

Melanie: Hast du eine Idee, was Menschen hier in Deutschland machen können, um den Wald in deinem Land zu schützen?
Luchelle: Wie du weißt, produzieren wir hier in Kamerun Kautschuk, jedoch kaufen wir selbst gar keinen Kautschuk. Was wir kaufen sind Produkte, die aus Kautschuk hergestellt worden sind. Die produzierenden Unternehmen sowie deren Kunden sitzen meist in anderen Ländern wie zum Beispiel Deutschland. Einer meiner größten Wünsche ist es, dass Menschen, die Produkte aus Kautschuk kaufen, sich vorher darüber informieren, ob dafür die Lebensgrundlagen anderer Menschenleben zerstört wurden. Denn wenn wir als Verbraucher:innen ein Produkt mit diesem Wissen kaufen, unterstützen wir diese Praktiken.

Stell dir mal vor, Halcyon Agri würde seine Produkte nicht mehr verkaufen können, weil alle wissen, dass die Produktion von Kautschuk in Kamerun dazu führt, dass so viele Menschen leiden. Dann würden sie damit aufhören. Denn sie produzieren den Kautschuk ja schließlich, um ihn zu verkaufen. Wir wünschen uns, dass die Leute in Deutschland und auch der EU insgesamt damit anfangen, genau hinzuschauen und überprüfen, ob der Kautschuk aus einem Gebiet stammt, in dem zuvor der Wald abgeholzt wurde.

Als ich recherchiert habe, ist mir aufgefallen, dass Kunden von Halycon Agri wie zum Beispiel Goodyear oder Michelin in ihren Unternehmensrichtlinien stehen haben, dass sie nur Kautschuk aus einer nachhaltigen Produktion einsetzen wollen. Wir möchten einfach, dass sie sich an ihre eigenen Richtlinien halten. Wir möchten, dass sie den Wald, die Biodiversität und die Menschen schützen."

Melanie: Vielen Dank Luchelle für diese Einblicke in deine Arbeit und die Situation in Kamerun. Ich wünsche dir alles Gute für deine Arbeit und ich hoffe, dass sich viele Menschen für die Wälder in Kamerun engagieren. Und wir brauchen ein starkes EU-Gesetz, damit unsere Wälder besser geschützt werden können. Vielen Dank für das Interview.

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