Kommentar zur Augsburger Kommunalwahl 2020

Lukas Klug
Lukas Klug Greenpeace Ortsgruppe • 20 Februar 2020
in der Gruppe Greenpeace Augsburg

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Alle paar Jahre steht für Augsburger Wähler*innen die große Frage an: Wen werde ich wählen?

Auch dieses Jahr werden Augsburger Bürger*innen wieder gebeten, an der Kommunalwahl teilzunehmen und die politische Führung für die nächsten sechs Jahre zu wählen. Neben den großen, bekannten Parteien treten verschiedene Bündnisse Augsburger Bürger*innen an. Aufgrund der immer drängenderen Probleme in den Bereichen Klimaschutz, Artenschutz und Luftverschmutzung sind die umweltpolitischen Vorhaben der Parteien und Initiativen von besonderer Bedeutung. Deshalb bezieht Greenpeace Augsburg hier Stellung zur anstehenden Kommunalwahl und der bisherigen Kommunalpolitik.

Schon seit mehreren Jahrzehnten arbeitet Greenpeace Augsburg themenübergreifend zu den gängigen Umweltproblemen. Vom Meeresschutz über den Kohleausstieg bis hin zur kommunalen Essensbeschaffung – wir informieren Bürger*innen zu internationalen, nationalen und lokalen Themen. Dabei sprechen wir auch immer wieder mit lokalen Politiker*innen, um den Umweltschutz voranzutreiben. Auf lokaler Ebene konzentrieren wir uns aktuell auf das bevorstehende Radbegehren und auf die Versäumnis, der Selbsterklärung als Biostadt die entsprechenden Maßnahmen folgen zu lassen. Anlässlich der bevorstehenden Kommunalwahlen haben wir einen Kommentar zu diesen und weiteren umweltpolitischen Themen verfasst. In diesem umreißen wir grob, was sich in Augsburg in den letzten Jahren getan hat und wo Handlungsbedarf besteht.

ÖPNV

Anfang des Jahres wurde das kostenfreie Cityticket eingeführt, um Anreize für eine Verminderung des Autoverkehrs zu schaffen. Jedoch beschränkt sich die kostenfreie City-Zone auf wenige Haltestellen, die sich zu einem großen Teil in der Fußgängerzone befinden. Anstelle des Autoverkehrs kann so nur der deutlich umweltfreundlichere Fußverkehr aufgehoben werden. Autofahrer*innen hingegen erhalten durch das Cityticket womöglich Anreize, noch mehr Auto zu fahren. Wer früher aufgrund der Parkgebühren lieber mit der Tram zum Hauptbahnhof gefahren ist, kann nun kostengünstig am Rand der Innenstadt parken und die letzte Strecke umsonst mit der Tram zurücklegen.

Es gilt zu beobachten, welche Auswirkungen das kostenfreie Cityticket tatsächlich nach sich zieht. Wir finden, es wäre eine deutlich sinnvollere Maßnahme gewesen, in ein kostenfreies Ticket für Schüler*innen oder in ein 365-Euro-Ticket zu investieren. Dies hätte sowohl aus sozialer als auch aus ökologischer Perspektive einen Mehrwert.

Radverkehr

Es wäre falsch zu behaupten, dass keine Maßnahmen für den Radverkehr getroffen wurden. An der MAN-Brücke wurde eine geschützte Fahrradspur gebaut. Leider ist sie trotz mehrspuriger Straße auf die Flussüberquerung begrenzt, wodurch die Auf- bzw. Abfahrt von dieser Fahrradspur eine unnötige Gefahrenstelle darstellt. Hätte man das Konzept der MAN Brücke über die ganze Straße ausgedehnt, würde dies deutlich mehr Sicherheit im Straßenverkehr gewährleisten.

In der Maxstraße wurde ein Radweg mit einem möglichst ebenen Pflaster gebaut. Dieses Pflaster ist im Rahmen des Denkmalschutzes ein guter Kompromiss aus Befahrbarkeit und der zu erhaltenden Optik. Allerdings ist dieser Radweg gemessen an der Breite der Maxstraße zu eng. Man wird regelmäßig viel zu dicht von Autos überholt und kann aufgrund parkender Autos auch nicht nach rechts ausweichen. Eine autofreie Maxstraße oder zumindest die Entfernung der Parkplätze wären für dieses Problem eine vernünftige Lösung.

Wir könnten einige weitere Kritikpunkte und Forderungen zu konkreten Straßenzügen aufzählen. Die bereits beschlossene StVO-Novelle bietet einige interessante Möglichkeiten, die der nächste Stadtrat unbedingt nutzen sollte. Daher richten wir den Appell an die nächste Kommunalregierung, größte Teile der Zonen 10 und 20 des AVV als Fahrradzonen auszuweisen, Fahrradabbiegepfeile anzubringen, wo immer das geht, und neue Stellen beim Ordnungsamt zu schaffen, um die neuen Restriktionen beim Parken auf Radwegen und dem Überholen mit weniger als 1,5 m Mindestabstand deutlich strenger zu ahnden.

Auch beim Ausbau der Straßen und Radwege muss besser auf eine gerechtere Platzverteilung und die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer geachtet werden.

Landwirtschaft

Die Stadt Augsburg ist seit vielen Jahren Teil des Netzwerks deutscher Biostädte. Als solche trägt sie eine Vorbildfunktion bei der Verwendung von biologisch erzeugten Lebensmitteln in öffentlichen Einrichtungen und bei Veranstaltungen. Insbesondere bei der Essensversorgung von Kindern und Jugendlichen sollte Wert auf eine gesunde und nachhaltige Bio-Verpflegung gelegt werden. In Augsburg wurde bereits 2007 in einem Stadtratsbeschluss festgelegt, den Bio-Anteil in Kitas und Schulen auf 30 % zu erhöhen, sowie bei städtischen Veranstaltungen auf 100 %. Bis heute – 13 Jahre nach dem Stadtratsbeschluss – sind diese Ziele nicht erreicht. Der durchschnittliche Bio-Anteil in Kitas und Schulen liegt immer noch unter 10 %. Augsburg muss endlich dem selbstgesteckten Ziel als Biostadt gerecht werden und den Anteil an biologisch erzeugten sowie regional und saisonal verfügbaren Lebensmitteln in Kantinen und anderen Verpflegungseinrichtungen erheblich erhöhen.

Wir fordern deshalb, dass die bereits festgelegten Quoten für den Anteil von Bio-Lebensmitteln von 30 % in städtischen Einrichtungen und 100 % bei allen städtischen Veranstaltungen sofort, spätestens bis Ende 2020 vollständig umgesetzt werden müssen. Die Stadt muss kurzfristig einen Plan vorlegen, um den Bioanteil in allen städtischen Bereichen bis 2022 auf 50 % und bis 2025 auf 100 % zu erhöhen. Des Weiteren fordern wir ein tägliches Angebot an veganen bzw. vegetarischen Gerichten in öffentlichen Einrichtungen der Stadt Augsburg. Diese Maßnahme hätte zur Folge, dass Tierleid sowie Klimabelastung aufgrund von Massentierhaltung massiv verringert werden könnten.

Klimaschädliche und kriegsfördernde Investitionen

Strom aus fossilen Energieträgern trägt maßgeblich zur Beschleunigung der Klimakrise bei. Trotzdem wird weiterhin Kohle abgebaut und Erdöl gefördert – finanziert durch Investor*innen, denen langfristige Gewinne wichtiger sind als die Zukunft unseres Planeten. Auch mit dem Tod von Menschen verdienen Investor*innen Geld, sofern sie Anlagen in die Rüstungsindustrie nicht kategorisch ausschließen. Steuergelder sollten nicht in die Befeuerung von Krieg und Klimazerstörung fließen. Leider ist für uns Bürger*innen aber kaum ersichtlich, welche Investitionen Stadt, Land und Bund mit unseren Steuern tätigen.

Wir fordern von der Stadt Augsburg eine sofortige Offenlegung über Investitionen in Unternehmen, die direkt oder indirekt an der Förderung oder Energiegewinnung aus fossilen Rohstoffen beziehungsweise an der Herstellung oder dem Transport von Rüstungsgütern beteiligt sind. Bis Ende 2021 sollen klare Anlagerichtlinien implementiert werden, die Investitionen der Stadt in Firmen unterbinden, deren Geschäftsmodelle auf Kohle, Erdöl oder Rüstungsexporten basieren. Eventuell bereits bestehende Investitionen in derartige Unternehmen sollen bis Ende 2021 abgezogen werden. Die Einhaltung dieser Investitionsgrundsätze soll auch in allen städtischen Beteiligungen verfolgt werden.

Städtische Wälder

Die Stadt Augsburg trägt beim Waldschutz eine große Verantwortung, da sie den größten Kommunalwald in Bayern besitzt. Mit seiner Fläche von 7.679 ha ist er auf sieben städtische Forstreviere verteilt. Während die innerstädtischen Waldgebiete Siebentischwald und Haunstetter Wald fast komplett unter Naturschutz stehen und hauptsächlich als Naherholungs- und Trinkwasserschutzgebiet dienen, werden die restlichen Waldgebiete gewinnbringend bewirtschaftet – immerhin auf eine nachhaltige Weise. Das bedeutet unter anderem, dass höchstens so viel abgeholzt wird, wie auch nachwächst.

Schadflächen in reinen Nadelholzbeständen, wie Sturmwurf oder Borkenkäferkalamität, nehmen im Kommunalwald aktuell stark zu. Diese Schäden werden aktuell durch den sofortigen Eingriff des Forstamtes beseitigt. Dabei sollte dem Kommunalwald der Raum und die Zeit gegeben werden, sich selbst zu regenerieren und sich an die klimatischen Veränderungen anpassen zu können. Auch stellt Totholz einen wichtigen Lebensraum für heimische Tierarten (inklusive einiger Käferarten, die auf der Roten Liste stehen) dar. Dessen Verbleib im Wald stellt damit eine wichtige Grundlage für Artenvielfalt in unseren Wäldern dar. Wenngleich die Stadt Augsburg eine wirtschaftliche Nutzung ihrer Wälder weiterhin als sinnvoll ansieht, berücksichtigt sie dabei zumindest eine regional abgestimmte Biodiversitätsstrategie, die den Kriterien der nationalen Biodiversitätsstrategie in Bezug auf das forstwirtschaftliche Management voll entspricht.

Greenpeace hat bei seinem Projekt Waldvision für verschiedene Szenarien der Waldwirtschaft der nächsten Jahre die Situation der Wälder bis ins Jahr 2102 berechnet. Daraus wird deutlich, dass sich durch einen erhöhten Anteil der geschützten und naturbelassenen Wälder (von vier auf 16 %), einen höheren Anteil an heimischen Laubbäumen, eine ökologisch verträgliche Bewirtschaftung der Nutzwälder und ein „Älter-werden-lassen“ der Bäume zahlreiche Vorteile für unser Ökosystem ergeben. Durch die zusätzlich entstehende Biomasse kann dreimal so viel Kohlenstoff im Ökosystem Wald gespeichert werden wie bei aktueller Bewirtschaftung der Wälder. Dies würde einen großen Teil zur Erfüllung der Klimaziele der Bundesregierung beitragen.

Deswegen fordern wir von der Augsburger Kommunalpolitik einen besonderen Schutz des Kommunalwalds, geringere Eingriffe in das Ökosystem Wald – gerade in Bezug auf Schadflächen – und ein vermehrtes Altern der Baumbestände. Wir fordern außerdem weitere Schutzgebiete in den Forstrevieren außerhalb der Stadt. Wir wünschen uns, dass der künftige Stadtrat sich mit der Waldvision von Greenpeace auseinandersetzt und eine bestmögliche Umsetzung in unserem wertvollen Kommunalwald prüft.

 

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