Wie Sie aus Ihrem Gartenrasen eine blühende Wiese zaubern und warum Sie damit nicht nur einen echten „Hingucker“ schaffen, sondern nebenbei einen ganz wichtigen Beitrag gegen ein dramatisches Insektensterben leisten.

Insekten verschwinden, wenn ihre Lebensräume verschwinden. Die Art der modernen Bewirtschaftung durch den Menschen, wie beispielsweise monokulturelle Landwirtschaft, Überdüngung oder der Einsatz von Pestiziden, lassen Lebensräume für Insekten immer rarer werden. Aber auch auf der Ebene der Kleingrundbesitzer und der öffentlichen Hand verschwinden Lebens- und Nahrungsräume, etwa durch ständige Mahd oder sofortige Entfernung von Laub- und Totholz.

Laut einer Studie aus dem Jahre 2017 (sogenannte „Krefeld-Studie“) ist die Biomasse der Fluginsekten in den letzten 27 Jahren um 76,7 % zurückgegangen. Besonders dramatisch sind diese Zahlen angesichts der wichtigen Funktionen, die Insekten in unserem Ökosystem übernehmen. Sie bestäuben nicht nur etwa 90 % unserer Blütenpflanzen, sie leisten auch einen wichtigen Beitrag bei der Zersetzung von Tier- und Pflanzenresten und dienen als Nahrungsgrundlage für Säugetiere, Vögel und Fische. Ein Fortwären des Insektensterbens bedeutet den Kollaps ganzer Ökosysteme. Kurzum: Insekten sind systemrelevant.

Umso wichtiger ist es, dass ein sofortiges Umdenken stattfindet. Angefangen bei der richtigen Wahl von Lebensmitteln im Supermarkt bis hin zur Umgestaltung des eigenen Garten – jeder einzelne kann einen kleinen Beitrag gegen das große Insektensterben leisten.

Als ganz besonders insektenfreundlich gelten sogenannte Blühwiesen. Ist der Entschluss für eine Umwandlung des Nutzrasens zu einer Blühfläche, bei der man ganz nebenbei auch noch Wasser für die Bewässerung sparen kann, gefasst, hat man die Wahl zwischen zwei verschiedenen Verfahren: dem radikalen Schnitt oder einer etwas langsameren sukzessiven Umwandlung.

Bei der ersten Methode wird die komplette Grasnarbe abgetragen, der Untergrund leicht aufgelockert und dann eine Blühwiesenmischung an Saatgut eingebracht. Alternativ kann man sich „Blühsteifen“ oder „Blühinseln“ anlegen und eine Verbreitung insektenfreundlicher Pflanzen sukzessive fördern. Hierfür wird nur an einigen Stellen der Rasen abgetragen und das Saatgut eingebracht. Nach dem Aussäen sollte der Boden ordentliche bewässert werden. Eine Blühblumenmischung heimischer Arten eignet sich besonders gut für den Erhalt der Biodiversität.

Der beste Zeitraum für eine Umwandlung liegt in den Frühlingsmonaten Februar bis Mai. Im ersten Jahr kann eine mehrmalige Mahd erforderlich sein, um Unkräuter sukzessive auszusortieren. In den Folgejahren reicht unabhängig von der Methode eine einmalige Mahd nach der Samenreife von Gräsern und Kräutern im September, oder eine zweischürigen Wiesenpflege, bei der im Juni und September gemäht wird.

Wer auf seinem Grundstück eine artenreiche Blumenwiese mit Glockenblumen, Kuckuckslichtnelken oder wildem Thymian möchte, sollte diese nicht mehr als zwei Mal im Jahr mähen. Am umweltfreundlichsten ist eine Mahd mit einer herkömmlichen Sense. Hierzu bieten örtliche Naturschutzvereine Seminare an, um das Mähen, mit diesem in Vergessenheit geratenen Werkzeug, wieder zu erlernen.

Als optimale Standorte für Blühwiesen eignen sich trockene, nährstoffarme Böden in voller Sonne. Es braucht etwas Zeit, bis ein Boden „ausmagert“ ist und somit einen guten Untergrund für Wild- und Wiesenblumen bietet. Aber schon in den ersten 3-4 Jahren erhöht sich die Vielfalt auf einer Blühwiese von ca. 25 auf über 100 Arten.

Um weiter auf der Fläche unterwegs sein zu können, eignen sich kleine gemähte Wege. Eine intensive Benutzung, wie die eines Nutzrasens, sollte nun nämlich vermieden werden. Ganz besonderen Charme hat das Aufstellen einer Bank, um in der Mitte der Wiese zwischen duftenden Blumen, Bienen und Schmetterlingen zu verweilen.

Wer weitere Informationen zur Thematik der Blühwiesen und wie diese angelegt werden sucht, wird fündig unter: https://www.nabu.de; https://www.ndr.de/ratgeber; http://www.hof-berggarten.de

Abschließend sei noch gesagt, dass es die Aufgabe von uns allen sein sollte, eine Akzeptanz für nicht gemähte Grünflächen in der Bevölkerung zu schaffen. Eine Wiese darf nicht mehr als „unordentlich“ angesehen werden, wenn sie nur ein- bis zweimal im Jahr gemäht wird. Der Begriff Ordnung braucht in diesem Zusammenhang eine neue Bedeutung. Denn um eine Ordnung in den Ökosystemen beibehalten zu können, brauchen wir Biodiversität – und dazu gehören auch Insekten mit ihren benötigten Lebensräumen. (JK, 7.4.2019)