Einführung
Im letzten Beitrag haben wir euch bereits in das Thema Klimaneutralität und Ressourcenhunger eingeführt. Dabei haben wir erfahren, dass
- Der Bedarf an zahlreichen Metallen für Erneuerbare Energien und eine Transformation zur Klimaneutralität massiv steigen wird
- Dieser Bedarf in Europa maßgeblich mit Importen, oftmals aus Ländern mit geringen Standards an Umwelt- und Menschenrechten, gedeckt (werden) wird
- Dass es eine Lösung gibt: Kreislaufwirtschaft
Dieser Beitrag möchte die zahlreichen Facetten einer Kreislaufwirtschaft noch einmal genauer aufzeigen. Zu diesen gehört auch die Suffizienz, sprich eine Abkehr von unserem Überkonsum hin zu einer echten Ressourcenwende.
Warum Bergbau nicht nachhaltig ist
Egal wofür ein Metall später verwendet wird, sein Ursprung besteht in den allermeisten Fällen aus Erz, welches abgebaut werden muss. Eine Tonne Erz bedeutet dabei aber nicht eine Tonne Metall, sondern ganz im Gegenteil: Viele Metalle wie etwa Gold oder Seltene Erden kommen oftmals in Konzentrationen von wenigen Gramm pro Tonne Erz vor. Alles andere ist wirtschaftlich wertlos und wird als Abraum zurückgelassen. Dieser Abraum kann je nach Entsorgung ganze Täler füllen, Biotope zerstören und noch auf Jahrzehnte Schwermetalle ins Grundwasser abgeben. Für Bergbau werden riesige Tagebaue inmitten von Regenwälder angelegt, ganze Berge in die Luft gesprengt, sowie Unmengen an Wasser und Energie verbraucht. Nicht zuletzt gehen mit Bergbauprojekten eine Menge sozialer Ungerechtigkeiten einher. Kinderarbeit, die Verdrängung indigener Völker, sowie die Finanzierung von Kriegen und Konflikten stellen nur einen Ausschnitt daraus dar.

Lösungen im Rahmen einer Kreislaufwirtschaft
Wenn wir nicht auf immer mehr Bergbau mit immer geringeren Konzentrationen und entsprechend steigenden Umweltfolgen setzen wollen, müssen wir die bereits extrahierten und verwendeten Metalle nach ihrem Nutzungsende zurückgewinnen und in einem Kreislauf halten. Wie das konkret gehen soll werden die nächsten Punkte ein wenig genauer beleuchten.
Recycling/Wiederverwendung
Der vorangegangene Artikel hat bereits gezeigt, dass ein Großteil bestimmter Metalle durch Recycling gedeckt werden kann. Vorausgesetzt die Methoden zum Recycling werden vorangetrieben und bereits beim Design mitgedacht. Wie das konkret passieren muss, soll am Beispiel eines Windrads erläutert werden. Ein Windrad besteht aus mehreren Komponenten: Dem Fundament, dem Turm, dem Maschinenhaus und den Rotoren.
Fundament und Turm
In Fundament und Turm werden hauptsächlich Stahl und Beton verbaut, sowie Kupfer für die Leitungen. Die Rückgewinnung der verbauten Metalle ist relativ einfach mechanisch möglich, sofern der Aufwand betrieben wird, das Fundament wieder auszuheben und vollständig zu zerkleinern. Der Beton kann im folgenden als Baumaterial etwa im Straßenbau downgecycelt werden.
Maschinenhaus
Das Maschinenhaus ist das Herzstück einer Windkraftanlage, denn hier erzeugen Generatoren den Strom. Hierfür ist eine Vielzahl an Komponenten, wie Kupplung, Bremsen, Kühlung und Magneten nötig. Für das Recycling müssen diese bestmöglich mechanisch voneinander getrennt werden. Stahl und Kupfer können durch das Schreddern dieser Komponenten recht einfach zurückgewonnen werden. Für weitere Metalle wie Neodym ist zusätzlich jedoch chemisches Recycling nötig. Dieses ist derzeit noch nicht in industriellem Maßstab möglich.
Rotorblätter
Die Rotorblätter bestehen zumeist aus leichten Kunststoffen, welche mit Glas- oder Carbonfasern verstärkt und in Epoxidharz getränkt sind. Sie sind somit Verbundsstoffe, welche kaum recycelt werden können. Derzeit existieren Verfahren, welche die Rotoren nach ihrer Zerkleinerung als Ersatzbrennstoff verwenden und dabei teilweise das enthaltene Silizium zurückgewinnen.
Das Beispiel Windrad zeigt, dass in Bezug auf Recycling noch sehr viel Luft nach oben ist, sowohl im Design der Komponenten, als auch beim Aufbau industrieller Verfahren. Recycling in einer echten Kreislaufwirtschaft ist nur dann sinnvoll, wenn es kosten- und energieeffizient ohne Downcycling möglich wird.
Substitution/Reduktion kritischer Rohstoffe
Noch besser, als die Metalle aufwändig zu recyceln ist natürlich, sie gar nicht erst zu verwenden oder ihre Menge zu reduzieren. Eine Substitution kann beispielsweise aus biologischen Stoffen bestehen. So gibt es beispielsweise bereits Pilotprojekte, welche die Türme von Windrädern aus Holz und die Rotorblätter aus belastbarem Hanf produzieren. Für elektronische Bauteile ist dies natürlich nicht möglich, weshalb hier Metalle mit Metallen substituiert oder reduziert werden. Dieser Vorgang ist jedoch hochkomplex, da mehrere Faktoren gegeneinander abgewogen werden müssen: Bringen andere Metalle die gleiche Leistung? Unter welchen Bedingungen werden diese abgebaut? Wie gut können sie recycelt werden? Hier muss also konstant weiter geforscht werden, um Materialien zu substituieren und gleichzeitig die Recyclingfähigkeit zu erhöhen.
Transparenz mit Digitalem Produktpass
Um die Komplexität des Themas nicht nur für Verbraucher:innen, sondern auch für die Industrie verständlich zu machen, ist Transparenz unverzichtbar. Diese muss in Form eines Digitalen Produktpasses erzeugt werden. In ihrem Maßnahmenpaket zur Kreislaufwirtschaft vom März 2022 fordert die EU diesen Produktpass bereits für eine Vielzahl an Produkten. Dies muss auch im Rahmen eines Lieferkettengesetzes Informationen über den Ursprung der Rohstoffe, deren Haltbarkeit, sowie Wiederverwendbarkeit erhalten. So können alle Beteiligten auf einen Blick sehen, ob das Produkt den nötigen Standards für eine echte Kreislaufwirtschaft genügt.
Rohstoff- und Energiekonsum reduzieren
Der wichtigste Punkt wurde bisher noch gar nicht genannt: Weniger ist mehr. Verzicht und Verbote sind oft Tabuwörter, welche Schockstarre auslösen. Dabei liegt die Logik auf der Hand: Je mehr wir konsumieren, desto mehr Rohstoffe benötigen wir auch, selbst beim effizientesten Kreislaufwirtschaftssystem. Deshalb sind grundlegende Verhaltensänderungen unverzichtbar. Von den passenden politischen Prozessen begleitet, muss sich unser Konsumverhalten radikal ändern. Statt jedes Jahr ein neues Handy gilt es dieses so lange wie möglich zu nutzen, zu aktualisieren und reparieren. Ebenso kann es nicht gelingen, jeden Verbrenner mit einem E-Auto zu ersetzen. Die absolute Anzahl von Individualverkehr muss zugunsten von ÖPNV und Alternativen wie Carsharing reduziert werden. Generell eröffnen das Tauschen, leihen und gemeinsame Nutzen von Produkten neue Möglichkeiten der sozialen Teilhabe. Das ist echte soziale Gleichheit, welche im Kapitalismus zwar stets als Argument gegen Klimaschutz und Suffizienz herangezogen, bei den tatsächlichen Missständen jedoch wohlwollend ignoriert wird.

Sozial/ökologisch nachhaltiger Bergbau
Selbst in den bestmöglichen Szenarien mit tiefgreifenden Verhaltensänderungen und einer idealen Kreislaufwirtschaft werden mindestens auf dem Weg dahin weitere Rohstoffe benötigt. Deren Abbau muss in größtmöglichem Einklang mit der Natur und unter Einhaltung der Menschenrechte geschehen. Teilweise ist dies auch in Europa möglich, wie etwa das Beispiel Lithium zeigt. Im Oberrhein gefiltertes geothermisches Tiefenwasser kann potenziell minimalinvasiv und klimaneutral für den Weltmarkt bedeutsame Mengen an Lithium generieren. Dies muss jedoch unter Einhaltung strengster Sicherheitsvorgaben geschehen, um beispielsweise Erdbeben zu vermeiden. Eine lokale Versorgung unter strengen Auflagen ist jedoch einer Produktion unter menschenunwürdigen und zerstörerischen Bedingungen vorzuziehen.
Exkurs: Tiefseebergbau
Die Umweltfolgen an Land einfach vermeiden, indem man in der leblosen Tiefsee Manganknollen, Massivsulfide und Kobalkrusten abbaut? Das hört sich zu Recht zu schön an, um wahr zu sein. Die Tiefsee ist kein unbelebter Ort, sondern im Gegenteil ein vielfältiges, noch kaum erforschtes Ökosystem. Die Folgen von Tiefseebergbau sind bisher nur im Ansatz für einige Arten erforscht, welche globalen Folgen auf Nahrungsketten dies haben kann, ist noch weitgehend ungeklärt. Wer mehr zu diesem Thema wissen möchte, dem ist das Factsheet und das weitere Material auf der Greenwire-Gruppe des Meeres-Teams zu empfehlen.
Fazit
Was lernen wir daraus? Egal wie man es dreht und wendet, eine echte Kreislaufwirtschaft innerhalb unserer planetaren Grenzen ist nur durch eine echte Konsum- und Ressourcenwende möglich. Wir müssen uns von der Illusion des “Weiter so” verabschieden und endlich entschlossen vorangehen. Ohne tiefgreifende Veränderungen unseres Konsumverhaltens hin zu Suffizienz und weniger ist mehr, kann die Energiewende und damit die Klimaneutralität nicht gelingen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Verantwortung auf die Verbraucher:innen abgeschoben werden darf. Die Politik muss mit klaren, aber auch strikten Vorgaben neue Standards für Suffizienz, Kreislaufwirtschaft und Ressourcenschutz setzen. Die Industrie muss diesem Weg nicht nur so schnell wie möglich folgen, sondern unabhängig von gesetzlichen Vorgaben innovativ voranschreiten.
Quellen
- Baustoff Wissen (2019) | Link
- Deutschlandfunk (2022) | Link
- EnBW (2021) | Link
- Energie Experten (2020) | Link
- GP (2012) | Link
- IG Windkraft (2015) | Link
- ISE (2022) | Link
- Tagesschau (2021) | Link | Link
- Wind Energie (2022) | Link