Am 17. November 2021 hat die Europäische Kommission ihren Vorschlag für  ein EU-Gesetz für weltweiten Waldschutz (Abkürzung: FERC) veröffentlicht. Diese soll verhindern, dass bestimmte Rohstoffe und Folgeprodukte auf den EU-Markt gelangen, wenn sie illegal produziert werden oder zu Entwaldung führen. Dieser Vorschlag wird vom Europäischen Parlament und dem Rat im Laufe des Jahres 2022 erörtert werden, bevor daraus ein Gesetz wird.

Die Waldschutz-NGO Fern hat den Vorschlag zum geplanten Gesetz zusammengefasst und dessen Schwächen und Stärken kommentiert. Die wichtigsten Stichworte dabei sind:
Das neue Regelwerk bezieht sich auf sechs Rohstoffe: Kaffee, Kakao, Rinder, Palmöl, Soja und Holz sowie Folgeprodukte wie Leder, Schokolade und Möbel. Unternehmen, die diese Rohstoffe in der EU auf den Markt bringen wollen, unterliegen dann einer Sorgfaltspflicht und müssen nachweisen, dass die Produkte nicht von Flächen stammen, die nach dem 31. Dezember 2020 abgeholzt oder geschädigt wurden.

Erzeugerländer und Regionen werden nach einem dreistufigen Bewertungssystem bemessen und müssen je nach Risikograd bestimmte Kriterien erfüllen, um ihrer Sorgfaltspflicht nachzukommen. Produkte, die aus einem sogenannten Hochrisikogebiet stammen, werden entsprechend strenger abgeprüft, um zu gewährleisten, dass sie weder mit Entwaldung noch mit Waldschädigung in Verbindung stehen. Auch gehören Aspekte wie die Beachtung von Vorgaben des Pariser Klimaabkommens, die biologische Vielfalt oder die Einbeziehung von lokalen Gemeinschaften, NROs der Erzeugerländer und Kleinbauern zum Bewertungsprozess.

Ob die Waren der Verordnung entsprechen, ist von den Behörden der Mitgliedsstaaten zu prüfen. Sanktionen bei Verstößen sollen unter anderem mit Geldstrafen, Beschlagnahmung der Ware oder Ausschluss von Beschaffungsverträgen sein.

FERN betrachtet folgende Punkte der geplanten Verordnung als positiv:

  • Die Lieferkette muss vollständig rückverfolgbar sein. Eine Zertifizierung von Produkten allein ist noch kein Beweis für entwaldungsfreie Produkte. Das wird ein großes Schlupfloch schließen, das es bislang möglich machte, Verstöße gegen die Sorgfaltspflicht mit Hilfe eines gekauften „seriösen“ Siegels zu umgehen.
  • Stärkere Durchsetzungsmechanismen als die bisherige EU-Holzverordnung. So müssen Unternehmen zukünftig den genauen Herkunftsort ihrer Produkte gegenüber den Behörden nachweisen und eine umfangreichere Einfuhrerklärung liefern.
  • Die neue Entwaldungsverordnung soll mit der FLEGT-Verordnung (EU-Holzhandelsverordnung) einher gehen und so als noch stärkeres Instrument gegen den illegalen Holzeinschlag dienen.

Die folgenden Punkte sieht FERN kritisch:

  • Es gibt Schwachstellen in der Definition von Begriffen. So wird z. B. nicht zwischen Naturwäldern und Plantagen unterschieden. Das bedeutet, dass die Umwandlung von Wäldern in Baumplantagen nicht als Entwaldung zählen würde, obwohl dafür Wald zerstört wurde.
  • Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) müssen der EU gegenüber keinen jährlichen Nachweis über die Einhaltung der Sorgfaltspflicht liefern. Allerdings dürfen KMUs bis zu 250 Mitarbeiter haben und einen Jahresumsatz von 40 Millionen Euro erzielen, sodass fast 99 % der EU-Unternehmen als KMUs gelten.
  • Ein weiteres mögliches Schlupfloch würde drohen, wenn Produkte aus Hochrisiko-Gebieten in Ländern „weißgewaschen“ werden, die als gering riskant eingestuft sind und daher weniger strengen Kriterien unterliegen.
  • Bei den Rohstoffen wird Kautschuk nicht erfasst, obwohl erwiesen ist, dass Kautschuk einen beträchtlichen Einfluss auf die Entwaldung hat. Ebenso bleiben Fleischkonserven von der Entwaldungsverordnung ausgeschlossen.
  • Das Dreistufen-System für Drittländer und subnationale Regionen ist laut FERN noch nicht optimal ausformuliert und braucht einen weitaus präziseren Kriterienkatalog als bislang.
  • Die EU-Verordnung pocht auf die Zusammenarbeit mit den Erzeugerländern. Die Formulierungen in diesem Textabschnitt bleiben allerdings zu vage, um ein genaues Bild einer solchen Partnerschaft zu erkennen.
  • Zu später „Stichtag“. Der aktuelle Entwurf der Entwaldungsverordnung sieht vor, dass sie sich nur auf Produkte bezieht, die aus Gebieten stammen, die nach dem 30. Dezember 2020 entwaldet wurden. Ursprünglich hatte das EU-Parlament aber ein früheres, fünf Jahre zurückliegendes Datum vorgeschlagen. Auch das Soja-Moratorium stammt bereits aus dem Jahr 2006 und würde dann von dem „Stichtag“ der neuen Entwaldungsverordnung unterlaufen werden.

Die folgenden Punkte sieht FERN äußerst kritisch:

  • Die EU verlangt lückenlos rückverfolgbare Lieferketten und will nur noch saubere Produkte einführen. Dadurch könnte es zu getrennten Lieferketten kommen, weil die weltweite Entwaldung trotzdem weitergeht und Produkte aus zerstörten Waldgebieten andere Märkte außerhalb der EU erreichen.
  • Die Verordnung bezieht sich nur auf die Einhaltung nationalen Rechts und nicht auf internationale Standards.
  • Die neue Verordnung schützt nur Wälder. Savannen, Feuchtgebiete, Grasland und Torfmoore sind aber ebenso gefährdet.
  • Betroffene Gemeinschaften haben keinen Zugang zu Rechtssystemen.
  • Kleinbäuerinnen und Kleinbauern werden nicht unterstützt, um ihrer Sorgfaltspflicht nachzukommen.

Alle Punkte können hier ausführlich nachgelesen werden (englische Version):
https://www.fern.org/fileadmin/uploads/fern/Documents/2021/Fern_Defores…