Hallo zusammen,

ich habe mit Erwachsenen und Jugendlichen Projekte zur Plastikreduktion gemacht. Das war immer sehr ernüchternd, wenn nicht sogar deprimierend, wie viel Plastik da zusammenkommt und wie schwer es ist, Plastik zu vermeiden. Seit Corona hab ich dieses Experiment bewusst nicht mehr gemacht, weil da ja noch viel mehr Plastikmüll durch Einkäufe, Take-away, usw. dazukam.

Vor Corona habe ich Zero Waste selbst als „Leistungssport“ betrieben, mittlerweile weiß ich, dass das total unnötig, unrealistisch, elitär und klassistisch ist. Ich habe meine Abschlussarbeit über den Gelben Sack geschrieben und habe da Folgendes gelernt:

  • Trotz Zero-Waste-Trend sind die Verpackungsmüllmengen gestiegen.
  • Plastikverpackungen haben ihre Berechtigung: Sie bieten Haltbarkeit und Hygienestandards für Lebensmittel, Kosmetika und medizinische Produkte. Plastikverpackungen sollten also nicht verteufelt werden.
  • Das Hauptproblem sind das schlechte Recyclingsystem und die Verpackungsindustrie, die nicht auf die Recyclebarkeit der Materialien achtet.
  • Die Verantwortung für Plastikmüll darf nicht nur auf die Verbraucher:innen abgewälzt werden, es ist in erster Linie ein wirtschaftliches und politisches Problem, weil diese Akteure mehr Macht haben als individuelle Verbraucher:innen.

Auch der Unterschied zwischen Verbrauchs- und Gebrauchsprodukten sollte klargemacht werden. Brotboxen, Geodreiecke oder Flaschen aus Plastik sind ja Gebrauchsprodukte, die wiederverwendet werden können und nicht sofort im Müll landen.

Je nachdem, wie alt die Kinder/ Jugendlichen sind, sind sie bereits durch Social Media stark beeinflusst und haben die dort verbreitete „Plastikphobie“ internalisiert. Wichtig ist deshalb, dass Kinder keine Schuldgefühle entwickeln, weil sie so viel Plastikmüll produzieren (das ist in meinen Projekten leider vorgekommen). Stattdessen sollten sie lernen, was sie beeinflussen können und was nicht, sonst leidet ihre Selbstwirksamkeit und sie fühlen sich deprimiert. Außerdem haben sie ja nur begrenzten Einfluss auf die Konsumgewohnheiten ihrer Eltern.

Und dann kommt noch dazu, dass viele Familien gerade jetzt in der Corona-Zeit nicht unbedingt die finanziellen und organisatorischen Ressourcen haben, um Plastikmüll zu reduzieren. Plastikreduktion ist auch mit zahlreichen Privilegien (finanziell, zeitlich, Bildung) verbunden. Da ist es wichtig, dass sich kein Kind ausgegrenzt fühlt und auch Lösungsmöglichkeiten gefunden werden, die für alle machbar sind (also nicht nur Unverpacktladen, Wochenmarkt, etc.).

 

Das waren die Ergebnisse des Projekts „Was tun gegen Plastikmüll?“ (Oktober 2019):

Individuelle Maßnahmen (geordnet nach Anzahl der Nennungen)

  • Unverpackt Supermärkte (Nachteile: nicht überall verfügbar, oft zu teuer) 9
  • Tupperdosen, eigene Trinkflaschen/ Kaffeebecher und eigenes Besteck mitbringen, um unterwegs zu essen 8
  • Stoffbeutel, Rucksack 7
  • Vermeidung unnötiger Verpackungen und Plastiktüten 6
  • Obst- und Gemüsenetze (für jeden machbar) 5
  • Verpackungen aus Glas, Papier oder Metall statt Plastik 5
  • Recycling (z.B. Kleidung) 4
  • Auf dem Markt einkaufen 3
  • Wiederverwendung (z.B. Eiscontainer als Gefrierdosen/ Tupperdosen), Plastiktüten mehrmals benutzen 3
  • Sodastream, Leitungswasser statt Plastikflaschen 3
  • Mehrweg statt Einweg, Pfandflaschen, Pfandbecher 3
  • Mülltrennung: erhöht die stoffliche Wiederverwertung 2
  • Fertigprodukte vermeiden
  • Müll aufsammeln und trennen
  • Feste Seife/ Shampoo statt flüssig
  • DIY (braucht aber Zeit)
  • Second Hand kaufen (z.B. ebay Kleinanzeigen)
  • mehr Achtsamkeit, mehr Bewusstsein schaffen
  • Sonstiges:
    • kleine Schritte machen
    • medizinischen Bereich „ausklammern“

 

 

Politische/ unternehmerische Verantwortung (Anreize/ Regulierungen/ Verbote):

  • Plastiktüten verbieten 2
  • Regierungen sollen Firmen zwingen, Verpackungsplastik zu reduzieren 2
  • Hersteller müssen Müll zurücknehmen (z.B. IKEA: alle Schrauben in extra Verpackungen)
  • Mikroplastik in Kosmetika verbieten
  • Wettbewerb für kleine und mittelständische Unternehmen, Entlastung der Umweltkosten durch Stiftungen
  • Rabatt für selbst mitgebrachte Becher/ Behälter
  • Gelbe Säcke nicht umsonst aushändigen
  • Öffentlichkeitsarbeit, soziale Medien, große Youtuber/ Influencer 2
  • Petitionen, Druck durch die Öffentlichkeit
  • Aufklärung am Arbeitsplatz
  • Aufklärung in der Schule: Schüler*innen beibringen, pfleglich mit Ressourcen und Produkten umzugehen