So lief das erste Heidelberger Waldforum

Janina Hornig
Janina Hornig Greenpeace Ortsgruppe • 4 Dezember 2022
Waldforum in Heidelberg

Wir waren sehr glücklich über das Interesse und die Resonanz zum 1. Heidelberger Waldforum im Oktober.  Im Gemeindesaal der Friedenskirche in Handschuhsheim hatten wir eine tolle Location gefunden, und die intensive Planung und Vorbereitung hat sich voll ausgezahlt.

Die Veranstaltung war in drei Panels gegliedert. Prof. Uwe Frank von Waldwende Heidelberg sprach als Schirmherr das Grußwort, gefolgt von zwei Keynotes von Ludwig Haßlinger und Sieglinde Wiese, beide ebenfalls von der Waldwende. Eine Moderatorin und ein Moderator von Greenpeace Deutschland leiteten gekonnt durch die Veranstaltung.

Das Panel 1 stand unter dem Motto "Im Zeitalter der Transformation". Den Anfang machte Victor Geißler, Master-Student im Fach Ecosystem Services. Er referierte über die Ökosystemdienstleistungen des Waldes und Konsequenzen für die Waldbehandlung. Er betonte, dass es wichtig sei, Wald-Ökosystemdienstleistungen wie Wasserbereitstellung, Sauerstoffproduktion, Kühlung, Erosionsschutz, Erholung, kulturelle Bedeutsamkeit u. A. in Wert zu setzen, damit Waldbesitzer nicht gezwungen sind, Gewinne ausschließlich durch die Holzernte zu erzielen.

László Maráz vom Forum Umwelt & Entwicklung Berlin sprach anschließend über die Notwendigkeit einer anderen Waldpolitik und nahm dabei Forst- und Landwirte, die unmittelbar vom Klimawandel betroffen sind, in die Pflicht, von der Regierung eine wirksame Klimapolitik zu fordern, statt immer nur mehr Geld.

Den Abschluss dieses Panels mit heftigem Denkanstoß machte Leonardo Elgas von der Letzten Generation, der eindringlich an alle Teilnehmenden appellierte, sich für mehr und ausreichenden Klimaschutz einzusetzen, weil wir alle die letzte Generation seien, die die Klimakatastrophe noch abwenden könnte.

Regelmäßig gab es Gelegenheit für die Zuschauer, Verständnisfragen zu stellen.

Nach einer Kaffeepause ging es weiter mit dem zweiten Panel, "Umgang mit der Biodiversitätskrise". Hier gab es zwei Vorträge: Dieter Kurzmeier, Mitglied von Waldwende Jetzt!, sprach mit großem Fachwissen über das Thema "Umgang mit Störungsflächen im Wald" und erklärte, wie bisher die gängige Praxis ist: Die Flächen mit schwerem Gerät zu räumen und im schlimmsten Fall sogar durchzupflügen, um dann vermeintlich klimastabile "Wunderbäume" zu pflanzen. Diese Praxis wird bisher vom Staat mit Geldern gefördert. Besser sei es jedoch, einfach abzuwarten. Die Naturverjüngung, die sich automatisch einstelle, sei auf den Standort angepasst und besonders klimaresilient.

Darauf folgte der Vortrag von Niclas Kruff von Greenpeace Frankfurt, der erläuterte, warum Schutzgebiete in Deutschland nicht schützen. Was viele nicht wissen: Auch in Schutzgebieten wie FFH-Gebieten, Naturschutzgebieten oder Vogelschutzgebieten ist es nicht verboten, Bäume zu fällen und zu vermarkten. Dies steht den Schutzzielen diametral entgegen.

Nach dem 2. Panel konnten sich alle Teilnehmer am georgischen Buffet des Handschuhsheimer Restaurants Khomli stärken. In den Pausen gab es auch die Möglichkeit, mit den Referenten persönlich zu sprechen.

Die dritte und letzte Vortragsreihe widmete sich dem Thema "Andere Formen der Nutzung von Holz und Wald". Dabei kamen zunächst drei Bürgerinitiativen aus der Rhein-Neckar-Region, aus Nußloch, Heidelberg und Mannheim, zu Wort, die jeweils von einer Vertreterin bzw. Vertreter vorgestellt wurden. Dabei wurde klar, dass es überall in der Region ähnliche Probleme und Herausforderungen gibt.

Achim Dittler vom KIT (Karlsruher Institut für Technologie) berichtete sehr anschaulich und mit Fotos von Rauchfahnen, die direkt in die Fenster von Nachbarn wehten, von den erheblichen gesundheitlichen Schädigungen, die die Verbrennung von Holz in heimischen Kaminen oder Pelletöfen auf die Bevölkerung hat.

Diplomforstwirt Volker Ziesling referierte über Holzhandelsströme und Papierverbrauch. Im Gegensatz zu früher gäbe es kaum noch Sägewerke in Deutschland, die Laubholz verarbeiten; rund 85 % des eingeschlagenen Laubholzes ginge in den Export, an erster Stelle nach China, an zweiter Stelle nach Österreich. Herr Ziesling erwähnte auch, dass wir Deutschen beim Papierverbrauch weltweit an der Spitze stehen.

Den Abschluss machte Dr. Lutz Fähser, Forstdirektor in Lübeck i.R. und Mitbegründer des Lübecker Modells, eines besonders naturnahen Waldbewirtschaftungsmodells, das inzwischen schon in vielen deutschen Städten angewendet wird, weil es erstens gewährleistet, dass sich der Holzvorrat und somit der Kohlenstoffspeicher im Wald erhöht, zweitens den Wald resilienter im Klimawandel macht, drittens eine höhere Artenvielfalt mit sich bringt, und zu guter Letzt tatsächlich das wirtschaftlichste Waldbewirtschaftungsmodell ist, das es gibt.

Den Abschluss des Waldforums bildete eine Expertenrunde, bestehend aus Dr. Lutz Fähser, László Maráz, Julia Flammersfeld von Greenpeace Frankfurt und Klaus-Dieter Hupke, Geograph aus Heidelberg. Die Zuschauer konnten Fragen stellen, die von den Experten ausführlich beantwortet wurden.

Wir bedanken uns herzlich bei allen Mitwirkenden, vor allem bei den Referenten, die teilweise von weither angereist kamen und auf Honorare verzichteten.

Der einzige Wermutstropfen war, dass nur zwei Heidelberger Kommunalpolitiker das Forum besuchten, obwohl alle Fraktionen des Gemeinderats sowie die Verwaltung einschließlich Forstamt eingeladen worden waren. Auch von den Heidelberger Förstern war keiner anwesend.

Über den Tag verteilt besuchten ca. 130 Waldinteressierte das Forum, was für eine Erstveranstaltung eine beachtliche Anzahl war. Auch ein Reporter der Rhein-Neckar-Zeitung war anwesend, der die Veranstaltung in seinem Bericht sehr positiv schilderte.

Wer die Gelegenheit verpasst hat, das Waldforum zu besuchen, kann sich gerne die Aufzeichnung auf YouTube anschauen.

(Fotos: Sieglinde Wiese, László Maráz)

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